Alles begann mit einem Wunsch unseres Unterstützers, der Deutschen Härtefallstiftung. Da sie nicht nur Soldaten helfen, sondern auch zivile Beschäftigte sich zwecks Unterstützung an sie wenden können, wollten sie dies auch bei unseren Gesichter des Lebens in diesem Jahr sehen.
Ich habe mit Jürgen darüber diskutiert und wir fanden, dass es eine tolle Weiterentwicklung unseres Projektes wäre. Aber wie sollten wir damit beginnen, wie die Menschen finden, die uns ihre Geschichten erzählen möchten und dabei porträtiert werden. Wir wendeten uns an das Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleitung der Bundeswehr mit Sitz auf der Hardthöhe in Bonn. Und hier war es die Vizepräsidentin Petra Müller, die uns die Möglichkeit gab, unser Projekt vorzustellen und so den entscheidenden Schritt zu gehen. Warum gerade das BAIUDBw und wie und was alles auf diesem Weg passiert ist, ist eine eigene Geschichte und würde viel zu lange dauern. Daher hier die Kurzvariante. Treffen hat stattgefunden, es war ein großer Erfolg und am Ende steht eine Liste mit 14 zivilen Beschäftigte der Bundeswehr, die Gesichter des Lebens werden möchten. Und hier nun die Nummer EINS.
Dazu fuhr ich rüber nach Berlin, mietete mich im Haus am Werlsee ein und traf dort unser nächstes Gesichter des Lebens-Kandidat. Später erzähle ich euch aber noch, was es mit dem Haus m Werlsee auf sich hat und warum ich gerade dort hin bin.
„Ich bin der Irfan und seit 2015 bei der Bundeswehr als Beamter in der Wehrverwaltung und habe bisher verschiedenen Einsätzen im Rahmen der Wehrverwaltung, also im Soldatenstatus, erlebt,“ erzählt er mir zum Beginn unseres Interviews.
Jetzt muss ich euch doch noch einiges erklären. Wie ihr im Interview von mir gehört habt, ist das Haus am Werlsee eine Erholungseinrichtung des Bundeswehr-Sozialwerkes. Diese Sozialwerk ist vor 64 Jahren gegründet worden. Einer ihrer Ziele ist es, attraktiven Urlaub in eigenen Ferienanlagen für aktive und ehemalige Bundeswehrangehörige zu gewährleisten. Also, wenn ihr eine PK - Personalkennziffer - von der Bundeswehr habt, z.B. als ehemaliger Wehrpflichtiger, könnt ihr für kleines Geld Mitglied werden und die Einrichtungen nutzen. (www.bundeswehr-sozialwerk.de).
Da wir eine Patenschaft mit dem Bundeswehr Sozialwerk haben, darf ich diese Einrichtungen für Shootings nutzen.
Entschuldige Irfan, aber jetzt zurück zu dir. Denn ihr wollt doch bestimmt wissen, warum man Beamter und nicht nur Soldat werden kann und warum man das überhaupt macht. Bei Irfan war es so, dass er als einer der letzten Wehrpflichtigen nicht nur die Bundeswehr, sondern auch die Verwaltung innerhalb der Bundeswehr kennenlernen durfte. Irgendwie ist er dadurch, wie sagt man so schön, angefixt worden und hat sich nach der Bundeswehrzeit als Soldat näher darüber informiert, sich dann beworben und ist dann in den mittleren, nichtechnischen Dienst eingestellt worden. Bevor ihr fragt, ja es gibt auch einen technischen Beamten bei der Bundeswehr. Im nichttechnischen Dienst geht es vor allem um Verwaltungsbeamte und die Techniker sind oft Ingenieure und bei der Überprüfung von Geräten zu finden.
Und dann steht da noch was von Mittleren Dienst. Bei den Beamten unterscheidet man den einfachen, den mittleren, den gehobenen und den höheren Dienst. Je nach Schulabschluss oder Studium ist es die Möglichkeit des Einstieges. Je höher ihr eingestellt werdet, desto mehr Führungskraft seid ihr und je mehr verdient ihr natürlich auch. Wichtig sind sie aber alle, egal in welchem Bereich sie eingesetzt sind und sie nehmen den Soldaten viele Aufgaben ab, die sie ansonsten von ihren eigentlichen Tätigkeiten ablenken würden.
Und Irfan ist im Verwaltungsdienst eingestiegen. Bei ihm ist aber noch was Besonderes, Irfan ist bereits häufiger in Auslandseinsätzen mit Soldaten eingesetzt gewesen. Er zieht dann einfach Uniform an, um den Kombattantenstatus zu erhalten und ist für die Zeit Einsatzsoldat. „Ich war 2019 und 2020 in Afghanistan, in Masar El Sharif, 2021 in Mali in Gao, 2022 war ich in … Bosnien, im ersten Deutschen Kontingent, ganz spannende Sache, als einer der ersten 8 Personen alles aufzubauen und 2023 war ich dann im Camp Stefan im Irak und Ende 23/24 war ich nochmal in Bosnien, … und ich werde im Herbst in den Kosovo gehen!“
Jetzt bin ich kurz still, Irfan war somit bereits 6-mal im Einsatz und der 7 steht kurz bevor. Er erzählt es, wie eine Einkaufsliste zum Wocheneinkauf und dabei steckt da so viel mehr dahinter. Ich habe mich gefragt, wie Irfan zu diesen vielen Einsätzen gekommen ist. Er erklärt mir zuerst die zwei Möglichkeiten, entweder über eine Vakanzenliste, auf die man sich bewerben kann oder einer Direktabfrage seitens der Dienstherren, die Einsätze auch für zivile Beschäftigte ermöglichen.
Wenn ihr wissen wollt, wie der Laufbahn eines Beamten aussieht, solltet ihr unbedingt in das Interview reinhören. Auch die ruhige und sachliche Art von Irfan wird euch gefallen und wieder viel Licht ins Dunkle, sprich Bundeswehr werfen.
Neben der Möglichkeit Menschen und Sprachen verschiedener Nationen kennenzulernen, war es für Irfan auch wichtig, die Gepflogenheiten anderer Nationen und deren Armeen besser zu verstehen. Dabei waren natürlich auch immer die Herausforderungen der Einsätze zu berücksichtigen. Soldat und Beamter, was ist das eigentlich, wo ist der Unterschied, wie geht man miteinander um?
Das alles schießt mir durch den Kopf und Irfan sagt lapidar, dass es eine kleine Mentalität ist, weil wohl der Beamte manchmal anders denkt als der Soldat. Kaum hat er es mir erklärt muss er auch schon herzhaft lachen. „Grundsätzlich ziehen wir alle an einem Strang,“ sagt er aber dann weiter. Irgendwie scheinen wir hier doch von zwei verschiedenen Arten von Menschen zu sprechen, oder doch nicht? Egal, für mich sind alle gleich ob mit oder ohne Uniform. Und ich mag Menschen, die mit so viel Leidenschaft an ihre Aufgaben herangehen.
Irfan hat türkische Wurzeln, im Einsatz hat es ihm etwas geholfen. „In Bosnien heißt jeder dritte Mann Irfan,“ sagt er lachend. „Da entsteht dann natürlich sofort eine Sympathie “ erzählt er weiter. Aber auch Sprachbarrieren konnte er so leichter überbrücken. Aber für ihn war es dadurch nicht leichter, da er trotzdem ein Fremder im Land bleibt. So bleibt er halt kein Beamter, der im Büro sitzt, sondern zu den Beamten gehört, der die Welt durch seine Arbeit kennen lernen darf. Beide Möglichkeiten bietet die Bundeswehr für die zivilen Beschäftigten. Für Irfan war aber klar, dass er kein Zeitsoldat werden wollte, der mit Mitte 30 ggf. neu durchstarten muss. Da war es für den Beamten Irfan der sicherere Weg. „Mein Tipp wäre für Zivilangestellte oder Beamte, die halt in den Einsatz gehen möchten, auf die Seite des EPIZ (Einsatzpersonal-Identifizierungszentrum) zu gehen vom BAIUDBw, jetzt muss ich auch mein eigenes Referat bewerben, dort gibt es die Möglichkeit sich auf den Einsatzkontingentdienstposten zu bewerben und dann steht der Kernauftrag für Beamte in den Einsatz zu gehen nichts mehr im Wege,“ erklärt er mir.
Um viel mehr von Irfan zu erfahren,
hört dazu gerne auch das Interview zum Shooting hier auf der Website.
Unser Gespräch während des Shootings habe ich aufgenommen und ich veröffentliche es hier.
Zuhören ist ein wichtiger Teil unseres Fotoprojektes „Gesichter des Lebens“.
Irfan ist zufrieden mit sich und seinem Leben, das ist deutlich zu spüren. Seine Familie, auch wenn er alleinstehend ist, kommt mit seinen Abwesenheitszeiten gut zu recht. Irfan muss ich einfach mal Danke sagen. Er hat mir und euch eine neue Welt gezeigt. Mir hat es sehr gefallen.
Somit ist unser Tisch bei „Gesichter des Lebens“ wieder etwas größer geworden. Lieber Irfan, danke, dass du nun auch ein "Gesichter des Lebens" bist Ich freue mich, dass du dabei bist, und wünsche dir alles Gute für deine Zukunft.
Es schliesst sich für mich ein weiterer Kreis als Mensch und als Fotografin. Beim Fotografieren braucht es Empathie um Menschen zu berühren, zu verbinden, sichtbar zu machen. Mit meinem fotografischen Blick auf die Menschen, Soldaten, Veteranen und ihren Wegbegleitern gehe ich immer weitere Schritte.
Zu wissen das unser Projekt "Gesichter des Lebens" dabei wächst, macht mich stolz, da ich Menschen liebe und gerne fotografiere. Soldat und Veteran sein heisst auch: Mensch sein. Sehen-Spüren-Fühlen. "Gesichter des Lebens" versucht dies sichtbar zu machen. Auch in unseren BILDBÄNDEN.
Ein dickes Danke an Jürgen der sich verantwortlich zeichnet für den wunderbaren Text.
Ich möchte Danke sagen, an meine Herzensmenschen die mich unterstützen und tragen. Danke an meinem geliebten Lebenspartner und an meinem Sohn. Danke an meine liebste Freundin Edda, die mich immer stärkt und mich unterstützt. Es ist schön, wenn Ihr hier mit dabei seit. Danke ❤️.
Fotografiert wird mit Nikon Z7II und dem Nikkor Z 50mm F/1,2S und Nikon Z6II und dem Nikkor Z 85mm f/1.8S.
„Genderhinweis: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf eine geschlechtsneutrale Differenzierung verzichtet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für beide Geschlechter. Die verkürzte Sprachform beinhaltet keine Wertung.“
Hinterlasst mir hier gerne einen Kommentar, ich freue mich darauf. Danke!
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Frank Schumann (Freitag, 16 August 2024 07:56)
Lieber Irfan,
danke für dieses Erlebnis.
Ihnen zuzuhören, sie kennen zulernen und dabei soviel neues verborgenes der Bundeswehr zu erfahren.
Danke Daniela das mit ihrer Liebe zur Fotografie den Menschen ein Gesicht geben. So haben wir als Nichtsoldaten die Möglichkeit die Bundeswehr besser zu verstehen und auch vieles zu erfahren. Sie haben eine Gabe Menschen zu zeigen und ihre Gefühle zu öffnen. Danke an Sie Herr Görlich für diese lächelnden erklärenden Texte.
Danke an Sie Beide für dieses Projekt. Alles Gute wünscht Herr Schumann.