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Soldat Sebastian Dikall

Mein Shooting für "Gesichter des Lebens" mit Sebastian Dikall findet an einem verregneten stürmischen Wintermorgen in Berlin statt. Sebastian erwartet mich bereits vor dem Gebäude des Bundesministeriums für Verteidigung BMVg. Angesichts des ungemütlichen Wetters flüchten wir in die Lobby eines nahegelegenen Hotels, wo wir freundlicherweise fotografieren dürfen. Danke dafür!

 

Sebastian Dikall, 38 Jahre, ist seit fast 20 Jahren Soldat und Veteran. Er lebt inzwischen knapp zwanzig Jahre in Donaueschingen und ist Familienvater mit zwei Kindern. „Nach meinem Grundwehrdienst stellte ich den Antrag zur Verpflichtung zum Zeitsoldaten weil ich die Kameradschaft und das Miteinander der Menschen lieben gelernt hatte. Der Antrag war da nur logisch für mich. Ich war 18 Jahre jung als ich meinen Grundwehrdienst begann – meinen Brief zu Musterung erhielt ich erst Jahre später, als ich längst Zeitsoldat war. Da ich erst einmal weit weg vom früheren Zuhause leben wollte, zog ich in den Schwarzwald.

 

Ich wuchs als Scheidungskind auf. Die Weise wie meine Eltern nicht gut miteinander umgegangen sind, hat mich geprägt. So wollte ich nicht werden. Dienstlich bin ich dann in die Sanitätstrupps hineingerutscht und wurde im Rahmen einer Umstrukturierung fest in den Sanitätsdienst übernommen. Als Rettungssanitäter werde ich im In - und Ausland eingesetzt. Nach Ablauf der ersten vierjährigen Dienstzeit stellte ich gleich einen neuen Antrag auf Verlängerung zum Soldat auf Zeit SaZ 8. Er wurde schnell genehmigt.“

Soldat Sebastian Dikall beim Fotoshooting "Gesichter des Lebens"
Soldat Sebastian Dikall beim Fotoshooting "Gesichter des Lebens"

Mir ist wichtig das ich meine Fotoshootings zu „Gesichter des Lebens“ in der Öffentlichkeit durchführe, um in Kontakt zu anderen Menschen zu kommen. Genau dies geschieht immer wieder. Fotografie die sichtbar macht. Auch in der Hotellobby ist dies nicht anders. 

Sebastian absolvierte Auslandseinsätze in den Jahren 2007 und 2009 im Kosovo sowie 2010 und 2011 in Afghanistan.

 

Was ist geblieben von diesen Auslandseinsätzen? „Land und Leute. Die Mentalität der Menschen. Die Einfachheit. Diese Eindrücke haben mich verändert. Es muss nicht mehr alles 150 %ig sein sondern ehrlich, authenitisch und bitte ruhiger.“

 

Sebastian blickt mich an und ich spüre wie das Thema ihn emotional beschäftigt. Vorsichtig seine Worte abwägend fährt er fort: „Mein Leben ist ruhig und strukturiert. Meine Familie ist ruhig und strukturiert. Wir mögen nicht die heutige Schnelllebigkeit.“

 

Haben dich die Einsätze verändert? „Ja! Mir ist der ehrliche kameradschaftliche Umgang zwischen Menschen noch wichtiger geworden. Mit einigen Kameraden bin ich ganz eng verbunden. Wir wurden zu einer Familie, ohne miteinander verwandt zu sein.

Soldat Sebastian Dikall fotografiert Nikon Z7II und Nikkor Z 50mm F/1: 1,2 S

Warum bist du in den Einsatz nach Afghanistan gegangen? „Das gehört für mich zum Soldatsein dazu! Mein Verband bekommt den Auftrag und ich erfülle meine Pflicht. Ich konnte als Ausbilder für afghanische Soldaten tätig sein. Das fühlte sich gut an.“

 

Sebastian ist eine ruhige, introvertierte und gleichzeitig positiv wirkende Person. Er schaut anfangs ernst. Ich entlocke ihm im Verlauf der Zeit immer öfter ein verzagtes Lächeln. 

 

Gab es eine besonders intensive Begebenheit während deiner Auslandseinsätze? „Ja, einmal waren wir unterwegs auf Patrouille in Afghanistan. Am Wegesrand hockte ein kleiner Junge. Er war am Bein verletzt. Ob er mit seinem Fahrrad oder beim Rennen hingefallen ist weiß ich nicht. Egal! Helfen geht überall. Ich habe die Wunde versorgt, ihm einen Verband angelegt und ihm Wasser zu trinken gegeben. Dann lief er nach Hause. Das war ein schöner Moment der Hilfe!“

Fotografiert Nikon Z7II + Z6II Nikkor Z 50mm F/1: 1,2 S + Nikkor Z 85mm 1,8 S
Wenn du dein Lieblingsbild deines Modells gefunden hast ... der Moment im hier und jetzt.

 Um viel mehr von Sebastian zu erfahren, hört dazu gerne mit ins Interview zum Shooting hier auf der Website.

Soldat Sebastian Dikall fotografiert Nikon Z7II und Nikkor Z 50mm F/1: 1,2 S

Wir sprechen übers Ankommen, die schnelllebige Zeit, die Natur und über die bewusste Entschleunigung im Leben von Sebastian. Unser ruhiges Gespräch gibt ihm allmählich eine gewisse Leichtigkeit und seine anfängliche Befangenheit weicht.

 

Sebastian Dikall ist Mitbegründer des Vereins Combat Veteran e.V. „Wir haben den Verein 2016 gegründet. Es bestand zuvor bereits ein Club. Wir wollten die kameradschaftliche Unterstützung für einsatzgeschädigte Kameraden wachsen lassen. In unserem Verein tragen wir uns als Veteranen gegenseitig. Wir sind zudem im Austausch mit dem Bundesministerium für Verteidigung, BmVg. Weitere Einzelheiten hört ihr gerne hier im aufgezeichneten Interview.

 

Ich bin sehr dankbar das Combat Veteran e.V. auch Unterstützer von "Gesichter des Lebens" ist. Danke!

Fotografiert Nikon Z7II und Nikkor Z 50mm F/1: 1,2 S
Fotografiert Nikon Z7II und Nikkor Z 50mm F/1: 1,2 S

01 Gesichter des Lebens ... was fällt Dir als Erstes dabei ein, wenn Du diese Worte hörst?

Bilder von Menschen, so wie sie sind. Ohne künstlich etwas dazu zu fügen.

02 Beschreibe dich mit drei Worten bitte

Eigensinnig, hilfsbereit, loyal

03 Was ist für dich in deinem Leben das Wichtigste?

Der kleine überschaubare Kreis aus Familie und Freunden.

04 Wie bist du zu dem Shooting gekommen und hast du (zu Beginn des Shootings) Zweifel gehabt?

Bei einem Gespräch mit einem guten Kameraden, kamen wir auf das Thema „Gesichter des Lebens“. Er nahm darauf hin sein Telefon in die Hand und hat meinen Kontakt weitergegeben. Ja ich hatte zu Beginn leichte Zweifel am Shooting, warum sollte ich es tun. Es gibt doch viel mehr Menschen in der Bundeswehr, die alle so viel mehr leisten … Aber diese Zweifel legten sich vor dem Shooting wieder, jeder Mensch in unserer Bundeswehr trägt seinen Teil dazu bei das wir vorankommen.

05 Wie hast du dich während des Shootings gefühlt?

Am Anfang war ich sehr nervös und unsicher, aber das hat sich später gelöst.

06 Wie ging es dir als du deine Fotos zum ersten Mal gesehen hast?

Die Fotos haben mir vor Überraschung den Atem geraubt. Ich habe in den letzten Jahren kein Foto von mir gesehen, wo ich annähernd lächle.

07 Was bedeutet es Dir Veteran zu sein?

Veteran … Veteran ist für mich der „alte erfahrene“ Soldat. Der sein Wissen und seine Erfahrungen an die jüngeren weitergibt. Viele Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr haben Ihren Dienst in einem Auslandseinsatz geleistet. Diese Erfahrungen, aber auch das erleben von Kameradschaft prägt. Ich bin stolz Einsatzveteran zu sein.

08 Welches wäre für dich die wichtigste Verbesserung in der deutschen Veteranenkultur?

Es gibt ein Veteranenkonzept des Bundesministeriums der Verteidigung, dieses Konzept muss mit Leben gefüllt werden. Veteranen sind Teil der Gesellschaft und müssen auch als ein solches akzeptiert werden.

09 Wie siehst du dich als Soldat in der deutschen Gesellschaft? 

Ich bin Soldat, ich stehe zur freiheitlich demokratischen Grundordnung, ich bin ein Teil der Gesellschaft. Ich werde mich oder meinen Beruf nicht verstecken, nur weil es Menschen gibt die dafür keine Akzeptanz haben.

10 Was würdest du anderen Veteranen sagen, warum Sie dieses Shooting machen sollen?

Macht es … Zum einen, um ein Teil von etwas großartigem zu sein. Zum anderen, um Helfer bei der Veränderung zu sein. Wir brauchen eine andere, bessere Veteranenkultur.

Unser Gespräch während des Shootings habe ich aufgenommen und ich veröffentliche es hier. Zuhören ist ein wichtiger Teil meines Fotoprojektes „Gesichter des Lebens“. Ich schenke den Menschen Zeit und meine volle Aufmerksamkeit . 

Soldat Sebastian Dikall fotografiert Nikon Z7II und Nikkor Z 50mm F/1: 1,2 S beim Fotoshooting "Gesichter des Lebens"
Soldat Sebastian Dikall fotografiert Nikon Z6II und Nikkor Z 85mm F/1: 1,8 S beim Fotoshooting "Gesichter des Lebens"

Sebastian, warum werden Soldaten in der Gesellschaft wenig wahrgenommen ? „Ich denke die Gründe betreffen beide Seiten. Keiner fragt, also antwortet auch keiner. Immer weniger Soldaten sind in Uniform in der Öffentlichkeit zu sehen.“

 

Was hat den Menschen Sebastian so richtig geprägt? „Das war der familiäre Schlagabtausch meiner Eltern bei ihrer Scheidung. So wollte ich keinesfalls sein. Ich will mit positiven Gedanken durchs Leben gehen!“

 

Was hast du dir für 2022 vorgenommen? „Vertrauensperson im entsprechenden Ausschuss des BMVg sein und dort viel bewegen. Ich möchte beim Combat Veteran Verein weiterhin alles für das kameradschaftliche Miteinander tun um den Kameraden zu helfen. Achso, ich bin auch Lotse für Kameraden. Dieses Helfen tut gut.

Veteran Mike Schestak fotografiert Nikon Z6II und Nikkor Z 85mm F/1: 1,8 S beim Fotoshooting "Gesichter des Lebens"

Bist du ein positiver Mensch? „Klares JA!“ Welchen Wunsch hast du für das Jahr 2022? „Gesundheit!“

Möge dein Wunsch in Erfüllung gehen! Alles Gute dir lieber Sebastian und deiner Familie!


Es schliesst sich für mich ein weiterer Kreis als Mensch und als Fotografin. Beim Fotografieren braucht es Empathie um Menschen zu berühren, zu verbinden, sichtbar zu machen. Mit meinem fotografischen Blick auf die Menschen, Soldaten, Veteranen gehe ich einen weiteren Schritt. Zu wissen das mein / unser Projekt "Gesichter des Lebens" dabei wächst, macht mich stolz, da ich die Menschen liebe und gerne fotografiere.

 

Veteran sein heisst auch: Mensch sein. Sehen-Spüren-Fühlen. "Gesichter des Lebens" versucht dies sichtbar zu machen.

 

Ich möchte Danke sagen, an meine Herzensmenschen die mich unterstützen und tragen und mir immer wieder Tipps geben zu meinem Fotoprojekt. Danke an meinem geliebten Lebenspartner und an meinem Sohn. Ein dickes Danke nach Kenia an meine liebste Freundin Iris die sich verantwortlich zeichnet für die Texte. Danke an meine liebste Freundin Edda, die mich immer stärkt und mich unterstützt. Danke an Simone und Heike meine Fotografinnen Gang und wunderbare Freundinnen und Frauen. 

 

Es ist schön, wenn Ihr hier mit dabei seit. Danke ❤️. 

 

Fotografiert wird mit Nikon Z7II und dem Nikkor Z 50mm F/1,2S und Nikon Z6II und dem Nikkor Z 85mm f/1.8S.

„Genderhinweis: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf eine geschlechtsneutrale Differenzierung verzichtet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für beide Geschlechter. Die verkürzte Sprachform beinhaltet keine Wertung.“

Hinterlasst mir hier gerne einen Kommentar, ich freue mich darauf. Danke!

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Kommentare: 2
  • #1

    Mike Wünsche (Montag, 07 Februar 2022 07:44)

    Sehr geehrte Frau Skrzypczak,
    ich möchte mich bei Ihnen für Ihre Arbeit bedanken - die Fotos rühren an und lassen einen innehalten. Die Worte lassen einen still werden und das Gehörte lässt einen nachdenklich werden.
    Danke für Ihre wertvolle Arbeit und ich wünschen Ihnen von Herzen das die Bundeswehr dieses Projekt wahrnimmt. Ich habe lange nicht solche einfühlsame Fotografie gesehen.
    Danke Sebastian Dikall für Ihren Mut und Offenheit an diesem wunderbaren Projekt mit dabei zu sein.
    Danke sagt Ihnen Mike Wünsche

  • #2

    Daniela Skrzypczak (Donnerstag, 17 Februar 2022 18:21)

    Lieber Herr Wünsche,
    danke für Ihren Kommentar und hier sein. Ich bin sehr dankbar wenn Sie das Projekt bereits wahrgenommen haben :-).
    Bleiben Sie gesund, herzlichst Daniela Skrzypczak