Gesichter des Lebens wagt sich erneut an eine Veränderung und Erweiterung heran. Ihr werdet euch bestimmt fragen, was hat das mit der Überschrift zu tun? Was hat das Team um Gesichter des Lebens vor? Wir wollen uns weiter ausprobieren, ohne bewährtes zu vernachlässigen. Wir wollen neue Wege gehen, ohne die alten Pfade zu verlassen und wir wollen euch dabei mitnehmen um Neues kennen zu lernen und Altes zu bewahren. Nach Faces of Life so gut gestartet ist und angenommen wurde, glauben wir, dass es noch eine Lücke in diesem Projekt gibt.
Nebenbei, der Artikel bei Faces of Life „Gemeenschappelijke Training voor een gemeenschappelijk Doel - Gérard und Gérard beim Training in Warendorf“ hat es immerhin geschafft, das niederländische Ministerium auf unser Projekt aufmerksam zu machen und eine Anfrage an uns zu starten. Aber das möchte ich hier nicht weiter erzählen. Lasst euch überraschen, was dabei herauskommt.
Jetzt bin ich abgeschweift, vom eigentlichen Vorhaben weggekommen. Es ging um blaue Lichter im deutschen Team für die Invictus Games 23 in Düsseldorf. Diese blauen Lichter heißen Sandra, Ramona, Frank und Holger, eine Landespolizistin, zwei Bundespolizisten und ein Feuerwehrmann. Sie sind für mich und für euch der Start in „Blaulichter des Lebens“.
Herzlich Willkommen ihr VIER, ihr ersten „Blaulichter des Lebens“!
Wenn man sich aber zuerst die Statuten der Invictus Games anschaut, ist dieser Sportevent grundsätzlich für einsatzgeschädigte Soldatinnen und Soldaten gedacht gewesen. Für die Bundeswehr war aber es aber wichtig, allen Soldaten, die an der Sporttherapie teilnehmen auch die Teilnahme an den Invictus Games in Aussicht zu stellen.
Wichtig ist und bleibt der Therapieerfolg und nicht der Gewinn von Medaillen. Und diesmal geht Deutschland wieder einen Sonderweg. Erstmalig sind Kandidaten aus dem Bereich der Blaulichter, also Polizei und Rettungskräfte, ausgewählt worden, um an den Spielen in Düsseldorf teilzunehmen. In einem Post auf Instagram schreibt das TeamInvictusGamesGermany: „Wir bekommen Verstärkung! Mit einer Sondergenehmigung der Invictus Games Foundation dürfen anlässlich der Invictus Games 2023 einmalig Angehörige der Blaulichtorganisationen in unser Team!“ Wie genau das Auswahlverfahren im Hintergrund nun war und welche Kriterien genutzt wurden, wussten weder die 4 Blaulichter noch konnten wir es recherchieren, aber eigentlich ist es auch egal.
Holger von der Feuerwehr Düsseldorf, Sandra von der Landespolizei NRW und Ramona und Frank von der Bundespolizei sind die ausgewählten Teilnehmer, alles andere ist erstmal nicht wichtig. Jetzt reicht es aber auch an Erläuterungen von mir. Ihr wollt doch lieber etwas über unsere vier Musketieren wissen. Dazu Ladies First!
Sandra unsere Langstreckenläuferin und Landespolizistin NRW war zu Beginn unserer Shooting etwas zurückhaltender und ruhig. Sie hielt sich eher im Hintergrund auf. Jetzt bei unserer letzten Trainingsteilnahme vor den Games ist sie regelrecht aufgetaut. Uns fehlten die Laufdisziplinen und Sandra erklärte sich bereit eine Trainingseinheit Sprint mit Aki und ihre Disziplin den 1500 m - Lauf einzulegen.
Neben der Langstrecke, tritt sie noch im Weitsprung und Diskus werfen und im Indoorrudern in Düsseldorf an.
Sie erzählt von einem früheren Unfall und von diesem LKW, von Holland nach Deutschland. Erzählt von ihrer Genesung und von Erkrankung und Einschränkung. Alles, was in so einem Leben passieren kann. „Ich bin in unserer Dienststelle angefragt worden, ob ich hier mitmachen möchte. Ehrlich, ich kannte die Invictus Games vorher gar nicht!“ Sie sagte ja und ist nun dabei. Im Gespräch mit ihr kommt bei mir das Gefühl auf, dass bei den Blaulichtern nicht so über dienstliche Einschränkungen gesprochen wird. Wenn es möglich ist, werden wohl die Polizeidienstunfähigen Polizisten zu Verwaltungsbeamten umgeschult und so weiter eingesetzt.
PTBS wird eher BurnOut genannt und Sporttherapie gibt es wohl überhaupt nicht. Ich habe mal im Internet nachgeschaut und bin auf folgendes gestoßen.
„In der Polizei Nordrhein-Westfalens sind 230 Soziale Ansprechpartner/innen tätig. Das sind Beschäftigte aus den unterschiedlichsten Arbeitsbereichen und hierarchischen Ebenen, die eine hohe soziale Akzeptanz genießen. Sie sind im Umgang mit psychosozialen Verhaltensproblemen geschult.“ In der Bundeswehr würden sie wohl Lotsen genannt.
In der Halle angekommen, läuft sich Sandra warm und rennt dann Runde für Runde, ausgeglichen mit gleichbleibendem Tempo und dabei entstehen tolle Bilder auf der Gegengerade der Sporthalle. Das einfallende Licht tut uns den Gefallen und spiegelt Sandra mehrfach. Auch wenn die Kamera dabei an die Grenze kommt, sind die Aufnahmen beeindruckend.
Im Anschluss unterstützt sie Aki beim Sprinttraining. Denn das ist der Spirit der Invictus Games, „A Home for Respect“ und helfen wenn einer Hilfe benötigt. Bei dieser Mannschaft ist niemand allein. Danke Sandra und gutes Gelingen in Düsseldorf.
Ramona unsere Bundespolizistin, aufgeschlossen und immer mit einem Lächeln im Gesicht. Ihre Disziplinen sind das Rollstuhlbaketball, Indoor-Rudern, Radfahren und Schwimmen.
Ramona hat PTBS, diese wurde bereits 2010 diagnostiziert. Geholfen wurde ihr unter anderem im Bundeswehrkrankenhaus in Hamburg. Auf dem langen Weg mit dieser Krankheit zu leben, sie zu akzeptieren und Kraft für die Zukunft zu generieren musste sie familiär durch ein tiefes Tal gehen. Bergauf und somit wieder zurück ins Licht half ihr das Apnoetauchen. Die Atemtechnik und Konzentration auf sich war ein Schlüssel zum Erfolg. Sport ist es, dass ihr täglich hilft und dazu noch im Team für Düsseldorf zu sein, ist der i - Punkt der Rehabilitation. Dabei weiß sie, dass sie ihre psychische Belastung nicht mehr loswird. In einem Interview sagte sie: „PTBS ist lebenslänglich, aber ich lerne damit zu leben!“
Danke Ramona und auch Dir gutes Gelingen in Düsseldorf.
Ihr Kollege Frank ist ebenso ein fester Bestandteil der Mannschaft. Er ist authentisch, drängt sich nicht, in den Vordergrund sondern ist einfach ein verlässlicher Kollege, die Soldaten würden ihn einfach nur einen guten Kameraden nennen.
Frank leidet aufgrund seiner drei Afghanistaneinsätze an PTBS. „Ich habe viele unschöne Dinge gesehen und erlebt, insbesondere der schwere Sprengstoffanschlag auf unser Camp „Green Village“ im Januar 2019 mit Toten und Schwerverletzten. Dabei habe ich sehr viel und immer hervorragend mit den Kameraden der Bundeswehr in unterschiedlichen Bereichen zusammengearbeitet!“ erzählt er von negativen wie positiven Einsatzerfahrungen.
Heute ist er Fachlehrer für Einsatzlehre, dabei war er zunächst im Aus- und Fortbildungszentrum Diez und ist seit September 2021 in Swisttal eingesetzt. In Düsseldorf möchte er in den Disziplinen Tischtennis, Sitzvolleyball und Schwimmen antreten.
Wenn ich mir die Mannschaft so anschaue, fällt es gar nicht auf, dass diese Mannschaft so besonders ist, dank dieser vier Blaulichter.
Nehmen wir nur mal die Polizei und ihren Einsätzen im Ausland. 2020 z.B. waren insgesamt 166 Beamte, davon 73 Beamte des Bundes und 93 Polizeivollzugsbeamte der Bundesländer im Auftrag von FRONTEX im Ausland eingesetzt gewesen.
Und aus diesen Einsätzen kommen, wie bei der Bundeswehr Menschen zurück, Menschen die schreckliches erlebt und gesehen haben und somit auch ggf. körperlich oder seelisch belastet sind. Und genau wie bei der Bundeswehr, ist auch der tägliche Dienst voller Möglichkeiten an Erschöpfungen und Traumatisierungen oder wie ich am Anfang sagte, an BurnOut zu erkranken. Wenn es so ist, warum nutzt man nicht schon die Erfahrungen der Bundeswehr und behandelt die Kollegen und Kameraden nicht gemeinsam und gibt ihnen die gleichen gesetzlichen Voraussetzungen?
Ramona und Frank, viel Erfolg bei euren Spielen in der Stadt am Rhein.
Im Team Invictus Games Germany sind sie zusammen und haben die gleichen Voraussetzungen im Rahmen der Sporttherapie in der Bundeswehr.
Und in diesem Team ist auch Holger unser Feuerwehrmann, na eigentliches ist seine korrekte Bezeichnung Brandamtsrat. Bitte Holger verzeih mir, wenn ich weiterhin Feuerwehrmann schreibe. Holger habe ich erst beim letzten Training kennen gelernt. Aber diese Offenheit, dieses herzliche Lachen und seine Art im Team sich einzubringen, ist schon beeindruckend.
Er tritt in den Disziplinen Rollstuhlbasketball, Indoor - Rudern und Kugelstoßen an. Holger kam durch Zufall zum Team. Er gehört einer Feuerwache in Düsseldorf an und daher wurde in seiner Dienststelle nach einem Teilnehmer gesucht. Aufgrund seiner körperlichen Einschränkungen durch die Einsätze, fiel die Wahl auf ihn. Im Gespräch erfuhr ich, dass Feuerwehrleute auch eine Ausbildung zum Rettungssanitäter machen und somit auch auf den Rettungswagen täglich Menschenleben retten und gegen die Zeit kämpfen, um uns in Notsituationen zu helfen.
In einer Dissertation eines Doktoranden mit der Überschrift „Posttraumatische Belastungsstörung im Berufsfeld von Notärzten und Feuerwehrleuten“ habe ich folgendes gefunden:
„Rettungs- und Einsatzkräfte wie beispielsweise Notärzte und Feuerwehrleute haben im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung ein deutlich höheres Risiko an einer posttraumatischen Belastungsstörung zu erkranken. Jedoch findet der Umgang mit diesem Thema im beruflichen Alltag häufig keine adäquate Beachtung.“
Für mich ist es daher wichtig, neben den Soldaten, die immer der Schwerpunkt bei „Gesichter des Lebens“ sein werden, Ausflüge in die Welt der Blaulichter zu machen. Denn auch hier ist die Aufklärung nach innen und die Wahrnehmung nach außen zu verbessern.
Holger, ich freue mich, dass du Mitglied dieser tollen Mannschaft bist und ich wünsche dir viel Erfolg in deiner Einsatzstadt Düsseldorf.
Es schliesst sich für mich ein weiterer Kreis als Mensch und als Fotografin. Beim Fotografieren braucht es Empathie um Menschen zu berühren, zu verbinden, sichtbar zu machen. Mit meinem fotografischen Blick auf die Menschen, Soldaten, Veteranen und ihren Wegbegleitern gehe ich einen weiteren Schritt. Zu wissen das unser Projekt "Gesichter des Lebens" dabei wächst, macht mich stolz, da ich die Menschen liebe und gerne fotografiere.
Soldat und Veteran sein heisst auch: Mensch sein. Sehen-Spüren-Fühlen. "Gesichter des Lebens" versucht dies sichtbar zu machen. Auch hier in unserem neuen BILDBAND.
Ein dickes Danke an Jürgen der sich verantwortlich zeichnet für den Text. Es ist schön, wenn Ihr hier mit dabei seit. Danke ❤️.
Fotografiert wird mit Nikon Z7II und dem Nikkor Z 50mm F/1,2S und Nikon Z6II und dem Nikkor Z 85mm f/1.8S.
„Genderhinweis: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf eine geschlechtsneutrale Differenzierung verzichtet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für beide Geschlechter. Die verkürzte Sprachform beinhaltet keine Wertung.“
Hinterlasst mir hier gerne einen Kommentar, ich freue mich darauf. Danke!
Jürgen Görlch (Donnerstag, 17 August 2023 08:37)
Hallo Horst, wie du ja gelesen hast, möchten wir nächstes Jahr mehrere Ausflüge in den Bereich der Blaulichter unternehmen. Was hältst du davon, wenn du einer der Blaulichter des Lebens wirst und uns deine Geschichte in einem Shooting erzählst.
Hallo Frank, danke für dein Lob, es ist schön, wenn man liest, dass man mit Bild und Text berührt hat.
Horst Jumpertz (Donnerstag, 17 August 2023 07:48)
Finde ich klasse da ich als Beamter bei der Bundeswehr Feuerwehr im Dienst war trifft das Invictus nicht auf mich zu. Leider. Trotz meiner Einsätze in Afg. als Hauptfeldwebel und leider auch an PTBS erkrankt.
Ich wünsche allen viel Glück.
Frank Wilhelm (Mittwoch, 16 August 2023 10:23)
Was für ein grossartiger Artikel, Fotos die zu Tränen rühren und ein text den ich so noch nie gelesen habe. Ich war selbst viele Jahre in der Berufsfeuerwehr und kann nachvollziehen was der tägliche Dienst bedeutet. Nun habe ich auch die Invictus Games und der Menschen kennen gelernt und werde definitiv einen Tag nach Düsseldorf fahren.
Viel viel Erfolg an das gesamte Team und ich wünsche jeden Einzelnen alles Gute im Leben.
Frank Wilhelm