· 

Zurück in die Vergangenheit

Was, fragt ihr euch, zurückschauen und nicht nach vorne, was macht Gesichter des Lebens denn diesmal wieder. Ich lade euch ein, mit mir in einer Zeitmaschine zurückzureisen und nach kurzer Dauer auszusteigen. Wir landen in Andernach und wir schreiben den 20. Januar 1956. Wir befinden uns auf dem Antreteplatz des dortigen Truppenübungsplatzes. Um uns rum stehen viele Soldaten in Formation, es sind deutsche Soldaten aus dem Heer, der Luftwaffe und der Marine. Was soll ich euch sagen, es ist die gesamte Bundeswehr, die auf diesem Platz erwartungsvoll angetreten ist. Um sie herum viel Prominenz und Presse, über 200 Journalisten halten diesen wichtigen Moment fest. Und dann kommt er! Dr. Konrad Adenauer, der damalige Kanzler stellt sich vor die Truppe, vor seine Bundeswehr, hält eine eingehende Rede und stellt im Anschluss die neuen Streitkräfte in Dienst. Ihr seid gerade mit mir Zeuge der Geburt der Bundeswehr gewesen. Und wie das mit Säuglingen so ist, die ersten Stunden, Tage und Wochen verbringen sie meist in einer Wiege. Dieser Antreteplatz mit seinen Gebäuden drum herum ist somit „Die Wiege der Bundeswehr“.

Die Wiege der Bundeswehr
Die Wiege der Bundeswehr

Und jetzt, hier und heute stehe ich auf diesem Platz, nur diesmal ist es der 14. Oktober 2024. Es sieht ganz anders aus als damals. Die Kaserne heißt Krahnenberg-Kaserne und in ihr ist seit dem 1. Oktober 2017 das neu aufgestellte Institut für Präventivmedizin der Bundeswehr (InstPrävMedBw). Was haltet ihr von dieser Abkürzung? Mir fällt da nur Wicky und der Satz „Ich bin entzückt!“ ein.

Jürgen Görlich besucht mit Gesichter des Lebens die Wiege der Bundeswehr

Es sind neue Gebäude zu sehen und dennoch ist ein klein wenig Geschichte übriggeblieben. Zuerst durchschreitet ich ein altes Holztor, es ist das originale Kasernentor von damals. Dann bleibe ich vor einer renovierten Baracke stehen und werde dort von Herrn Dieter Ulrich Schmidt, ehemaliger Soldat vom Rang Oberstleutnant und seiner Frau Marianne begrüßt. Mit Stolz zeigen die Beiden mir das letzte Gebäude aus der damaligen Gründungszeit. Begleitet werde ich von Jürgen, der bereits öfter hier gewesen ist. Die Soldaten- und Veteranenstiftung hat bereits in den Anfängen des Umbaus der Baracke geholfen und ich spüre sofort, für Jürgen ist es besonders nah, als er mit Herrn Schmidt den Blick über das Gelände schweifen lässt.

Ich schaue mich nun genauer um. Die Baracke ist weiß gestrichen und aus Holz, die originalen Fensterrahmen sind noch eingesetzt. Trotzdem wirkt sie saniert und gut in Schuss. Die Tochter des damaligen Regierungsoberamtsrates Franz Heuröder hat maßgeblichen Anteil an dem renovierten Gebäude. Sie war bis zu ihrer Pensionierung im Jahre 2023 immerhin Präsidentin des BAIUDBw, Frau Ulrike Heuröder-Strüning. (Falls ihr Wissen möchtet, was BAIUDBw bedeutet: https://www.gesichter-des-lebens.de/irfan-beamter-der-bundeswehr ) Ihr Vater hat ihr täglich erklärt, wie es 1956 war, in dieser Baracke. So dass sie gar nicht anders konnte, als hier zu retten und nicht zu vernichten. Rechts seht ihr einen Stein mit einer Erinnerungstafel, die ich auch neben dem Eingang entdecke. „Wiege der Bundeswehr“ und Traditionsbaracke ist darauf zu lesen.

Die Wiege der Bundeswehr

Herr Schmidt öffnet mir die Türe und wir schreiten gemeinsam zurück in die Vergangenheit. Zuerst stehe ich in einem Vorraum, links ein kleines Fenster. Jürgen, der mich begleitet, erklärt, dass hier ein UvD sitzt und nachts auf das Gebäude aufgepasst hat und natürlich auf die Soldaten in ihren Stuben. UvD steht für Unteroffizier vom Dienst und ist für die innere Ordnung seiner Einheit zuständig. Es ist ein Sonderdienst, den aber die meisten nicht besonders gerne machten, da er auch über das Wochenende und den Feiertagen und vor allem über Nacht mit wenig Schlaf ausgeübt wurde. Durch die nächste Türe und wir stehen in der Mitte des Gebäudes in einem langen. schmalen Flur. Ich sehe zu beiden Seiten viele Türen, genau gesagt 21. hinter jedem dieser Räume steckt die Geschichte der Gründung der Bundeswehr. Herr Schmidt führt uns rum, erklärt uns den Aufbau der Sammlung und wir erkennen die Liebe zum Detail in jedem dieser Themenräume.

Die Wiege der Bundeswehr

Der erste Raum trägt die Bezeichnung „Herkunft“. Hier sind 32 Zeitzeugen aufgeführt, die damals dabei waren. Herr Schmidt hat sie alle persönlich besucht, interviewt und somit versucht die Geschichte zu retten. Es sind 5 Generale, 8 Obristen, 9 Oberstleutnante, 4 Hauptleute, 3 Unteroffiziere und 7 zivile Personen, die über einen Bildschirm ihre damalige Geschichte erzählen. Mit Anton Steer und Hans Henning von Sandrat sind sogar richtige Persönlichkeiten der Bundeswehr dabei, sagt Jürgen mir ehrfurchtsvoll. Dr. Dietrich Genschel, Adalbert von der Recke und Rupprecht Grzimek vervollständigen die Generalität. Ebenso kommen die Andernacher Zwillinge Reinhold und Ernst Schüller zu Wort.

 

Herr Schmidt erklärt uns, dass zur Verabschiedung von Adenauer der Fanfarenzug der DJK Andernach auf den Stufen der Villa Michels spielten und die Zwillinge Schüller, die an diesem Tage 20 wurden, mitspielten. So könnte ich jetzt über jeden etwas erzählen. Leider sind bereits viele Zeitzeugen verstorben, daher ist es umso wichtiger, dass sie hier für jeden sichtbar bleiben.

Der zweite Themenraum trägt den Namen „Motivation“ und auch ich frage mich, was junge Männer kurz nach dem zweiten Weltkrieg in die neue Bundeswehr trieb. Einige waren bereits in der Wehrmacht Soldat. Natürlich war das ein Thema gewesen. Aber Adenauer sagte kurz und knapp: „Ich kann keine 18-jährige Soldaten zu Generalen machen.“ Tja, und alles, was älter war, war halt in der Wehrmacht gewesen. Irgendwo habe ich dann gelesen, dass unter den ersten Soldaten sogar SS-Soldaten waren. Auch wenn alle durch ein Gremium überprüft wurden, war das wohl die schwerste Entscheidung, sie am Aufbau der Bundeswehr beteiligen zu lassen.

Die Wiege der Bundeswehr

Wir gehen weiter, tauchen immer tiefer in die Vergangenheit, schauen uns „Die Garnisionsstadt Andernach“, „Die Verwaltung“ und „Die Militärseelsorge“ an.

 

Eine Pause nehmen wir uns im Raum 14, es ist der Gedenkraum. In einem schwarzen Buch sind alle im Dienst verstorbenen Soldatinnen und Soldaten aufgeführt. Wir holen Luft, gehen dabei in uns und dann sind wir überwältigt. Tränen fließen und wir alle wissen, dass Gott uns das Liebste nimmt, uns aber die Erinnerung lässt. Wir sind es, die diese Erinnerung am Leben erhalten können und müssen.

Auch wenn unsere Beine schwer sind, gehen wir über eine „Sonderausstellung“, einem „Forum Sammlungspädagogischer Arbeitsraum“, der „Inneren Führung“ zur „Die Stube 108“. Diese Stube ist in etwa so eingerichtet, wie eine Stube zur damaligen Zeit ausgesehen haben könnte. Hier ist auch der Geist von Andernach beschrieben.

Er bestand aus:

Der Bereitschaft Verantwortung zu übernehmen

Dem Willen etwas zu leisten

Der gerne getragenen Pflicht zur Kameradschaft.

Die Wiege der Bundeswehr

Ich hoffe, dass ich mit meinen Bildern und dem Text euch die Emotionen rüberbringen konnte. Wenn nicht, besucht doch einfach mal selbst diesen Ort, macht euch nach Andernach zur „Wiege der Bundeswehr“ auf.

 

Aber es gibt natürlich auch Wasser, was in den Wein gegossen wird. Es fehlt oft die Unterstützung, Herr Schmidt ist oft auf sich alleine gestellt, hält mit seinem eigenen Geld die Ausstellung am Leben. Sein größtes Problem ist das Logo. Es beinhaltete in seiner ersten Form auch das Eiserne Kreuz. Da es sich ja um eine private Sammlung handelt, ist ihm die Nutzung verboten worden und jetzt heißt es, alle Planen, alle Tafeln und alle Broschüren zu erneuern. Wer das bezahlen soll, bleibt dabei offen. Auch sorgt sich Schmidt um die Zukunft der Ausstellung. Er ist „ 75 Jahre alt und es fehlt auch an Menschen, die ehrenamtlich die Sammlung fortführen möchten.

So richtig verstehe ich es zwar nicht, da die Bundeswehr, insbesondere das Zentrum Innere Führung der Bundeswehr jährlich 1400 Soldatinnen und Soldaten die Baracke zur politischen Bildung, zur Erläuterung der Tradition und zur Geschichte der Bundeswehr nutzt. Aber vielleicht gibt es ja eine Lösung und eine Zukunft für die „Wiege der Bundeswehr“.

Gesichter des Lebens zu Besuch bei der "Wiege der Bundeswehr"

Zum Abschluss haben wir den beiden Schmidt‘s noch einen Bildband überreicht und uns für den Tag in der Vergangenheit bedankt. Für mich und somit „Gesichter des Lebens“ ist es wichtig diesen Rückblick zu wagen, um auch mehr über das Wesen „Bundeswehr“ zu erfahren. Danke Jürgen und damit auch danke an die SVS für die Unterstützung, um Baracke und die Menschen dahinter kennenzulernen.

Die Schmidt`s ... die Macher der "Wiege der Bundeswehr"

Verantwortlich für diesen wunderbaren Text zeichnet sich Jürgen Görlich.

 

Es schliesst sich für mich ein weiterer Kreis als Mensch und als Fotografin. Beim Fotografieren braucht es Empathie um Menschen zu berühren, zu verbinden, sichtbar zu machen. Mit meinem fotografischen Blick auf die Menschen, Soldaten, Veteranen gehe ich einen weiteren Schritt. Zu wissen das unser Projekt "Gesichter des Lebens" so gewachsen ist, macht mich stolz und dankbar. Es bestärkt mich darin, wenn Du etwas mit Leidenschaft und Liebe tust kannst Du alles erreichen. 

 

Veteran sein heisst auch: Mensch sein. Sehen-Spüren-Fühlen. "Gesichter des Lebens" versucht dies sichtbar zu machen.

Ich möchte Danke sagen, an meine Herzensmenschen die mich unterstützen und tragen und mir immer wieder Tipps geben zu meinem Fotoprojekt. Danke an meinem geliebten Lebenspartner und an meinem Sohn. Danke an meine liebste Freundin Edda, die mich immer stärkt und mich unterstützt. Danke an Simone und Heike meine Fotografinnen Gang und wunderbare Freundinnen und Frauen. 

 

Es ist schön, wenn Ihr hier mit dabei seit oder auch bei Instagram. Danke ❤️. 

 

Fotografiert wird mit Nikon Z7II und dem Nikkor Z 50mm F/1,2S und Nikon Z6II und dem Nikkor Z 85mm f/1.8S.

„Genderhinweis: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf eine geschlechtsneutrale Differenzierung verzichtet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für beide Geschlechter. Die verkürzte Sprachform beinhaltet keine Wertung.“

Hinterlasst mir hier gerne einen Kommentar, ich freue mich darauf. Danke!

Kommentar schreiben

Kommentare: 2
  • #1

    Müller Frank (Donnerstag, 14 November 2024 14:44)

    Liebe Daniela und lieber Jürgen,
    ich habe die Wiege unserer Bundeswehr vor Jahren besucht und nun darf ich es nochmals sehen. Ich hatte eben Tränen es nochmals sehen zu können. Danke Daniela Ihre Fotografie zeigt Herrn Schmidt so nah und es rührt sehr dazu der Text von Jürgen.
    Traurig das die Beiden mit Ihren privaten Mitteln dies bewahren und ich hoffe nun das viel Verantworlichkeiten im BMVg diesen Artikel sehen und lesen.
    Danke für Eure wertvolle Arbeit.
    Müller Frank

  • #2

    Manuela Roth (Donnerstag, 14 November 2024 15:26)

    Ich bin so was von begeistert, diese Fotos und der tText.
    Ich kannte bisher die "Wiege der Bundeswehr" nicht.
    Bitte mehr von dieser Aufklärung.
    Danke sagt Manuela