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Wolf Gregis

Am vereinbarten Treffpunkt wartet bereits Wolf Gregis auf mich zu unserem Fotoshooting. 

 

Wolf absolvierte eine Offiziersausbildung bei der Bundeswehr und diente 2008 und 2009 im Auslandseinsatz in Mazar-e-Sharif und Kabul. Er studierte nach dem Ende seiner Bundeswehrzeit Germanistik, Geschichte, Bildungswissenschaften, Sprachliche Kommunikation und Kommunikationsstörungen in Rostock. Heute ist er Familienvater, Pädagoge für Deutsch und Geschichte sowie Buchautor, wohnhaft in Rostock.

 

Wir spazieren gemeinsam für unser Fotoshooting durch die schöne Altstadt Schwerins. Die Sonne lacht vom Sommerhimmel. Ich merke rasch dass dies ein anderes Fotoshooting als mein vorheriges hier in Schwerin werden wird. Wieder ein neuer einzigartiger Mensch vor meiner Kamera!

Wolf Gregis beim Fotoshooting "Gesichter des Lebens"
Wolf Gregis beim Fotoshooting "Gesichter des Lebens"

Warum folgte nach Beendigung der Laufbahn bei der Bundeswehr dein Pädagogikstudium?

 

„Weil es nahe liegt! Die enge Verbundenheit mit den Menschen innerhalb der Bundeswehr hatte großen Eindruck bei mir hinterlassen. Ich bin jetzt eben mit meinen Schülern verbunden und dort sozusagen ihr Zugführer. Wo ich früher das G36 ausgebildet habe, bilde ich heute in Goethe aus. Junge Menschen stärken und sie lehren Eigenverantwortung zu übernehmen! Da gibt es nicht so große Unterschiede.”

 

Was ist für dich eine wichtige Eigenschaft?

 

„Eigenverantwortung übernehmen! Verantwortung für die Dinge die wir tun und für unser Leben. Als Schüler war ich auch Sitzenbleiber, meist mit Null Interesse. Als ich Offizier wurde musste ich Verantwortung übernehmen - Verantwortung und Entscheidungen für Menschen und Material. Das hat mich natürlich geprägt. Ich war da erst ungefähr zwanzig Jahre alt.”

Wolf Gregis beim Gesichter des Lebens Shooting
Wolf Gregis beim Fotoshooting "Gesichter des Lebens"

Stand deine Offizierslaufbahn von Anfang an fest?

 

„Ja! Es stand für mich fest dass ich diese Laufbahn erreichen möchte als ich zur Bundeswehr ging. Ich wollte davor eigentlich Zahnarzt werden. Warum weiß ich nicht.” Wir müssen beide spontan sehr lachen :-).

 

„Dann war da ein Truppenbesuch mit Wochenendseminar. Es wurden auch die Panzer aufgefahren. Als ich die 1500 PS hörte und das Vibrieren in meinem Körper vernahm, stand der Entschluss fest. Ich habe gesagt: Das wird mein Auto!

Ich war damals in der 11. Klasse.”

Wolf Gregis fotografiert Nikon Z7II und Nikkor Z 50mm F/1: 1,2 S
Wolf Gregis fotografiert Nikon Z7II und Nikkor Z 50mm F/1: 1,2 S

Du bist im Jahr 2010 aus der Bundeswehr ausgetreten. Warum?

 

„Es war einfach Zeit etwas Neues zu beginnen, auch die Familiengründung. Mit dem Gefühl nach meiner Zeit in Afghanistan, dass ich im Rahmen meiner Möglichkeiten meinen Dienst geleistet habe. Die Bundeswehr wird ja immer ein Teil von mir bleiben.”

 

Wolf wirkt sehr in sich gekehrt, ruhig und unaufgeregt. Der sympathische Mann kann Dinge wunderbar auf dem Punkt bringen. Ich könnte ihm stundenlang zuhören. Es ist schön einen solchen Menschen bei "Gesichter des Lebens" mit am grossen Tisch sitzen zu haben.

 

Wo siehst du die Abgrenzung zwischen Soldaten und der zivilen Gesellschaft?

 

„Soldatsein hat besondere Voraussetzungen als kleine kämpfende Gemeinschaft. Besondere Belastungen führen zu einer gewissen Haltung von: Ich kann angstfrei meinen Auftrag erfüllen mit Selbstsicherheit, wenn ich eben auch weiß dass ich in die gefährlichsten Regionen der Welt gehe. Dies kann ich aber nur mit einem besonderen Mindset machen! Kameradschaft, Entbehrungen…. . Das alles führt natürlich dazu dass ich mich von anderen unterscheide. Hinzu kommt das Äußere, die Uniform. Es entsteht eine sogenannte Distanzierungsspirale.”

 

„Erinnern - Aufarbeiten - Gestalten!

Du musst als Soldat dazu aus deiner Blase raus. Du solltest Menschen Raum geben und in Gespräche reingehen.”

Mein ❤️foto von Wolf Gregis
Mein ❤️foto von Wolf Gregis
Fotografiert Nikon Z7II + Z6II Nikkor Z 50mm F/1: 1,2 S + Nikkor Z 85mm 1,8 S

 Um viel mehr von Wolf Gregis zu erfahren,

hört dazu gerne auch das Interview zum Shooting hier auf der Website.

Fotografiert Nikon Z7II und Nikkor Z 50mm F/1: 1,2 S

Wolf Gregis hat ein Buch geschrieben „Sandseele“. Er erhielt im Jahr 2020 das Literaturstipendium der Hanse- und Universitätsstadt Rostock. Wolf hat zudem einen Podcast ins Leben gerufen indem auch über und mit Veteranen gesprochen wird. "It's up to us" Und Wolf arbeitet als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Rostock. Er fasst zusammen: „Wenn man es herunterbricht ist es Vermittlungsarbeit - Dialog - Austausch! Das tue ich.”

  

Was hat dich veranlasst deinen Roman Sandseele zu schreiben?

 

„Wir Soldaten in Afghanistan haben nicht nur Spuren im Sand hinterlassen. Wir haben gefühlt Sand mit nach Hause genommen den man nicht mehr los wird. Ich wollte im Buch nicht meine persönliche Geschichte erzählen - ein Roman nimmt sich Zeit. 400 Seiten Zeit das Thema auszuleuchten. Verbindung zu mir und meiner Erfahrung im Auslandseinsatz besteht schon, doch welchen kleinsten gemeinsamen Nenner gibt es unter uns Kameraden? Dies kann jeder beim Lesen selbst erkennen.”

 

Das klingt nach Halt?

 

„Wir brauchen dezentrale Verbündete und unterschiedliche Möglichkeiten. Ich mag diese Zentralisierung nicht. Egal ob Musik, Literatur oder auch deine Fotografie. Es muss genau diese Individualität sein! Es geht um Sichtbarkeit und wenn diese vielseitig ist, dann ist das wunderbar! Gleichzeit benötigen wir für die Suchenden geeignete Menschen, die lächeln, manchmal Kraft geben und bündeln. Daraus lassen sich Vernetzungen schaffen.”

Fotografiert Nikon Z7II und Nikkor Z 50mm F/1: 1,2 S

Unser Gespräch während des Shootings habe ich aufgenommen und ich veröffentliche es hier. Zuhören ist ein wichtiger Teil meines Fotoprojektes „Gesichter des Lebens“. Ich schenke den Menschen Zeit und meine volle Aufmerksamkeit . 

Fotografiert Nikon Z7II und Nikkor Z 50mm F/1: 1,2 S beim Fotoshooting "Gesichter des Lebens"
Lieblingsfotostrecke von Wolf während unseres Interviews
Fotografiert Nikon Z7II und Nikkor Z 50mm F/1: 1,2 S

Wir sprechen über Wertschätzung. Wo siehst du die wichtigsten Aspekte dabei?

 

Erstmal muss ich mich selbst wahrnehmen und wertschätzen. Wenn ich von meinen Erfahrungen und Erlebnissen da draußen erzähle, kann ich sie auch wertschätzen. Ebenso das was ich heute tue. Wechselt mal die Perspektive, übernehmt Eigenverantwortung, arbeitet mit der Jugend und zeigt gesellschaftliches Teilhaben! Der Dienst für etwas liegt uns doch im Blut. Es kommt kein anderer, der es für uns macht. Wir müssen es selbst tun! Lebt es vor! Kleine Sachen für den Einzelnen. Beginne zum Beispiel mit einem Anruf bei einem früheren Kameraden. Ich möchte Anstöße geben!

 

Lieber Wolf, danke für unser Shooting und Interview. Ich wünsche dir alles erdenklich Gute!


Es schliesst sich für mich ein weiterer Kreis als Mensch und als Fotografin. Beim Fotografieren braucht es Empathie um Menschen zu berühren, zu verbinden, sichtbar zu machen. Mit meinem fotografischen Blick auf die Menschen, Soldaten, Veteranen gehe ich einen weiteren Schritt. Zu wissen das mein / unser Projekt "Gesichter des Lebens" dabei wächst, macht mich stolz, da ich die Menschen liebe und gerne fotografiere.

 

Veteran sein heisst auch: Mensch sein. Sehen-Spüren-Fühlen. "Gesichter des Lebens" versucht dies sichtbar zu machen.

 

Ich möchte Danke sagen, an meine Herzensmenschen die mich unterstützen und tragen und mir immer wieder Tipps geben zu meinem Fotoprojekt. Danke an meinem geliebten Lebenspartner und an meinem Sohn. Ein dickes Danke nach Kenia an meine liebste Freundin Iris die sich verantwortlich zeichnet für die Texte. Danke an meine liebste Freundin Edda, die mich immer stärkt und mich unterstützt. Danke an Simone und Heike meine Fotografinnen Gang und wunderbare Freundinnen und Frauen. 

 

Es ist schön, wenn Ihr hier mit dabei seit. Danke ❤️. 

 

Fotografiert wird mit Nikon Z7II und dem Nikkor Z 50mm F/1,2S und Nikon Z6II und dem Nikkor Z 85mm f/1.8S.

„Genderhinweis: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf eine geschlechtsneutrale Differenzierung verzichtet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für beide Geschlechter. Die verkürzte Sprachform beinhaltet keine Wertung.“

Hinterlasst mir hier gerne einen Kommentar, ich freue mich darauf. Danke!

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Kommentare: 2
  • #1

    Martin (Freitag, 01 Juli 2022 07:01)

    Herzlichen Dank für diesen berührenden, nahen und direkten Beitrag. Es ist so wichtig, dass diese Menschen, die für Deutschland gekämpft haben, auch von ihrem Land anschließend etwas Anerkennung erhalten. Vielen Dank für den tollen Bericht und diese nahen Fotos! Ich werde mir das Buch von Wolf Gregis nun kaufen und wünschen den anderen Veteranen und Menschen alles Gute!
    Martin

  • #2

    Johannes (Freitag, 01 Juli 2022 11:55)

    So geht Vorbild und es geradlinig auf den Punkt bringen. Herr Gregis ich danke Ihnen für Ihre klaren Gedanken und Ihr Machen und Ihrem Roman.
    Daniela die Fotos sind der Hammer und ich frage mich immer und immer wieder, wie man so fotografieren kann und dies dann auch noch in so interessante Interviews verpacken kann.
    Ich hoffe das viele Menschen die sich mit dem Thema Soldaten und Veteranen befassen, hier bei Ihnen vorbei schauen und lernen wie es gehen kann.
    Austauschen - annehmen - gemeinsam tun.
    Danke für Ihr Tun und ich wünsche mir das Gesichter des Lebens nie endet.

    Ihr Johannes M.