Die Bundeswehr auf dem Weg zur Diversität und Akzeptanz?! Vielleicht finden wir hier und heute eine Antwort. "Gesichter des Lebens" ist es auf jeden Fall. Dienstgradunabhängig, Geschlecht spielt keine Rolle, Hautfarbe ist egal und nach der Religion wird nicht geschaut. Der Mensch ist es, um den es geht.
Jetzt fragt ihr euch sicher, warum dieser Anfang, warum die Erklärungen. Mit Hülya hat die erste muslimische Soldatin teilgenommen. Und diesmal haben wir wieder einen Menschen, eine Soldatin mit einem ganz besonderen Lebensweg. Mit Mut und viel Selbstvertrauen fand wieder in Bad Münstereifel ein einmaliges und schönes Shooting statt. Ich hoffe, ihr seid jetzt neugierig und freut euch auf unser neues Gesicht des Lebens.
Es ist Samstagnachmittag, in Bad Münstereifel ist es etwas bewölkt und trotzdem gab es das Licht, was ich brauche, um „Gesichter des Lebens“ zu Gesichtern des Lebens werden zu lassen. Nach dem Shooting folgt, wie ihr es bereits kennt, das Interview und mir gegenüber sitzen zwei schöne Frauen. Meine Shootingpartnerin, die sich jetzt vorstellen wird, hat ihre Ehefrau mitgebracht. „Ich bin Claudia, bin natürlich bei der Bundeswehr im Kommando Sanitätsdienst und als Stabshauptmann bin ich verantwortlich für die medizinische IT … das irgendwann mal die digitale Gesundheitsakte, alle Daten ausgetauscht werden können. … Ich freue mich auf diese Verwendung,“ sagt Claudia.
Meine ❤️Bilder von Claudia ... wenn Sie spricht, dann mit Ihrem gesamten Körper
Claudia ist 1965 geboren und zum 01.04.1985 in die Bundeswehr eingezogen worden. Nach ihrer Ausbildung zum Elektromaschinenbauer, „richtig schönes Handwerk,“ sagt sie selbst dazu, hat sie diesen Weg gewählt.
Für sie ist es damals wie heute wichtig, die Freiheit, die wir in Deutschland genießen dürfen, zu erhalten und gegen Angriffe zu verteidigen. Dazu hat sie als Zeitsoldat begonnen und natürlich ist sie heute Berufssoldatin und wie sie sagt Fachdienstoffizier.
Ich hoffe, ihr könnt mit diesem Begriff etwas anfangen. Ich spüre, wie sie zu ihrem Beruf steht und es für sie Berufung ist, Uniform zu tragen.
Mit Stolz erzählt sie von ihrem beruflichen Werdegang. „Ich habe Funkgeräte repariert, war in der Ausbildung, ich war Zugführerin, ich war IT-Offizier, ich war IT -Sicherheitsbeauftragter. Ich hatte immer einen technischen Beruf gehabt.“
Somit war sie nie in der kämpfenden Truppe unterwegs gewesen.
Wir sprechen noch ein wenig über ihre heutigen Aufgaben bei der Sanität. Claudia sprüht dabei vor Informationen und ihr werdet spüren, wie sie in ihren Beruf aufgeht. „Technische Schwachstellen zu beseitigen, das ist mein Leben,“ resümiert sie ihre Aufgaben.
Mit einem großen Schwenk verlassen wir die Aufgaben von Claudia und wechseln zum Thema „bunte Vielfalt in der Bundeswehr“. Claudia ist persönlich von dieser Vielfalt betroffen. Bevor sie es uns erklärt, lacht sie laut auf.
„Man wird es bestimmt an meiner Stimme hören, ich bin in der Version 1.0 als Mann auf die Welt gekommen und 1985 als Soldat zur Bundeswehr gekommen,“ erzählt sie offen ihre Veränderung. Version 1.0 finde ich eine tolle Erklärung, über die ich immer noch etwas schmunzeln muss.
„Ich habe meine Aufgabe ganz normal gemacht, bis mich meine Vielfalt, mein eigentliches Wesen eingeholt hat, wo ich gemerkt habe, dass es den Mann so nicht mehr geben kann, sondern dass es eine Frau geben muss, die ihren Platz zum Leben braucht,“ erklärt Claudia ihre Veränderung. Sie fühlte sich kurz vor dem Ersticken in der doppelten Version, sie musste den Schritt zur Frau gehen um wieder glücklich Leben zu können und nicht vor sich selbst zu flüchten. „Es war ziemlich hart und es war ein großes Reset,“ sprudelt es aus ihr heraus. „2010 schaffte ich es dann, mit diesem Reset eine Version 2.0 zu schaffen … mit dem ich so sein konnte, wie ich wollte.“
Endlich Leben, endlich offen zu sein, endlich frei zu sein, waren ihre persönlichen Ziele, um ihr Leben zu genießen und auch gegenüber dem Dienstherrn wieder frei zu dienen. Was für ein schwerer Weg, den Claudia da gegangen ist, kann ich durch ihre Worte nur erahnen.
Ich muss wissen, ob die Bundeswehr bereit für diese Vielfalt ist. „Man kann sie leben, aber es kostet Kraft.“
„Chancengerechtigkeit, Inklusion, Vielfalt war 2017 eine Aktion von der damaligen Verteidigungsministerin von der Leyen, es war ein Riesenevent in Berlin, wo alle Inspekteure und die Presse da waren. Man hat der Öffentlichkeit erklärt, die Bundeswehr ist für alle offen, man hat sogar eine Abteilung Chancengerechtigkeit im Ministerium geschaffen ,“ erklärt Claudia.
Aber irgendwie kommt es wohl in der Truppe vor Ort nicht an. Es gibt sogar eine Vorschrift für Transgender in der Bundeswehr. Es scheint alles geregelt, aber es fehlt mir etwas Menschlichkeit bei allen Regularien.
Für Claudia gehört der Umgang mit dieser Vielfalt beim Glauben, bei der Hautfarbe, bei Behinderungen oder beim Geschlecht in die Ausbildung von Vorgesetzten jeder Ebene. Des Weiteren fehlen Ansprechstellen, die sich speziell um diese Vielfalt als Weggefährten kümmern, denn Truppenärzte sind bei der Fülle ihrer Aufgaben überfordert. Claudia wurde auch nie gefragt, ob sie ihre Erfahrungen einbringen möchte, um solche Stellen zu schaffen. „Ich bin ja keine Unbekannte, mich kennen bestimmt viele, aber leider hat man mich nie gefragt, obwohl ich irgendwie darauf gewartet habe,“ sagt sie etwas resigniert.
Schade, dass diese Chance bisher ungenutzt geblieben ist, denn Claudia wäre ja bereit und setzt sich auch für Vereinfachung ein, indem sie in der Ergotherapieausbildung ihr Wissen zu Transgender weitergibt und Soldaten, die auf sie zukommen, auf ihrem Weg begleitet. Leider ist es aber viel zu wenig.
Neben Claudia sitzt ihre Ehefrau. Beiden war es sehr wichtig, das Shooting und insbesondere das Interview zu zweit zu machen. Unter uns, natürlich habe ich beide auch zusammen fotografiert.
„Ich musste meinen Weg von 1.0 zu 2.0 alleine gehen, meine damalige Ehefrau hat den Weg nie verstanden. Als ich meine jetzige Frau kennen lernte, war mir klar, ich möchte alles mit meiner Ehefrau Andrea zusammen machen,“ so Claudia.
Ich freue mich jedes Mal, wenn ich das persönliche Umfeld mit kennen lernen darf.
Zurück zur Bundeswehr, interessiert es mich, warum Claudia so viele verschiedene Aufgaben gemacht hat. Sie erklärt, dass sie immer auf eigenen Wunsch versetzt wurde, wenn sie erkannte, dass ihre Art den Dienst zu versehen, ihre Art der konstruktiven Kritik nicht mehr gewünscht war.
Das passierte schon mal, wenn sie nach einer Zeit das System durchblickt und kritisch versucht hat, es zu ändern. „Das Soldatsein ist geprägt von Herausforderungen, von Grenzen überwinden, sich selber überwinden und sich selber kennen lernen,“ versucht sie ihren Alltag zu erklären.
Hört nur, wie begeistert Claudia über sich und ihre dienstlichen Aufgaben spricht. Mit ihrer Inbrunst am Leben, bereichert sie unseren "Gesichter des Lebens" Tisch, worüber ich so glücklich bin.
Um den Bogen jetzt weiter zu schlagen, stellt sich die Frage nach Charaktereigenschaften und Kameradschaft aus ihrer Sicht. „Ehrlichkeit!“ Sie schleudert dieses Wort regelrecht heraus. Bumms! „Freundschaft ist persönlich und Kameradschaft ist beruflich,“ erzählt sie weiter. „Es sind für mich zwei Paar Schuhe. Was ich vermisse, ist etwas die Selbstlosigkeit. Etwas, um die Sache voranzubringen,“ kommt auch Kritik an ihrem Umfeld. Am beruflichen Selbstverständnis arbeiten, die Selbstlosigkeit fördern, um eigene Stärken zu nutzen und die Vielfalt zu stärken, wären Dinge die Claudia in der Bundeswehr verbessern möchte.
Um viel mehr von Claudia zu erfahren,
hört dazu gerne auch das Interview zum Shooting hier auf der Website.
Unser Gespräch während des Shootings habe ich aufgenommen und ich veröffentliche es hier. Zuhören ist ein wichtiger Teil meines Fotoprojektes „Gesichter des Lebens“. Ich schenke den Menschen Zeit und meine volle Aufmerksamkeit .
Danke liebe Claudia, danke für das Dabeisein, danke für unser tolles Shooting inklusive Interview und danke, dass du am grossen Tisch mit Platz genommen hast.
Alles Liebe und Gute weiterhin für Dich und deine kleine Familie liebe Claudia ❤️!
Ich, Daniela freue mich auf so viele wunderbare Menschen hier bei unseren "Gesichter des Lebens".
Es schliesst sich für mich ein weiterer Kreis als Mensch und als Fotografin. Beim Fotografieren braucht es Empathie um Menschen zu berühren, zu verbinden, sichtbar zu machen. Mit meinem fotografischen Blick auf die Menschen, Soldaten, Veteranen und ihren Wegbegleitern gehe ich einen weiteren Schritt. Zu wissen das unser Projekt "Gesichter des Lebens" dabei wächst, macht mich stolz, da ich die Menschen liebe und gerne fotografiere.
Soldat und Veteran sein heisst auch: Mensch sein. Sehen-Spüren-Fühlen. "Gesichter des Lebens" versucht dies sichtbar zu machen. Auch hier in unserem neuen BILDBAND.
Ich möchte Danke sagen, an meine Herzensmenschen die mich unterstützen und tragen und mir immer wieder Tipps geben zu meinem Fotoprojekt. Danke an meinem geliebten Lebenspartner und an meinem Sohn. Danke an meine liebste Freundin Edda, die mich immer stärkt und mich unterstützt. Ein dickes Danke an Jürgen der sich verantwortlich zeichnet für den Text. Es ist schön, wenn Ihr hier mit dabei seit. Danke ❤️.
Fotografiert wird mit Nikon Z7II und dem Nikkor Z 50mm F/1,2S und Nikon Z6II und dem Nikkor Z 85mm f/1.8S.
„Genderhinweis: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf eine geschlechtsneutrale Differenzierung verzichtet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für beide Geschlechter. Die verkürzte Sprachform beinhaltet keine Wertung.“
Hinterlasst mir hier gerne einen Kommentar, ich freue mich darauf. Danke!
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Mike (Donnerstag, 27 April 2023 22:11)
Hallo,
vielen Dank für diese einfühlsammen Fotos und Bericht. Ich war auch bei der Bundeswehr. Es war für mich etwas Sinnvolles, das von der Welt kaum wahrgenommen wurde, mich aber geprägt hat - zum positiven. Claudia danke für deine Offenheit und Ehrlichkeit. Es ist so wichtig das wir mutig unseren eigenen Weg gehen. Du wirst vielen Kameraden / Kameradinnen Mut machen. Ich wünsche Dir für deinen weiteren Weg alles Gute.
Herzliche Grüsse sendet Mike
Markus (Donnerstag, 27 April 2023 22:48)
Liebe Claudia! Ich bin immer wieder beeindruckt von deiner Offenheit und deiner Authentizität. Es gibt nicht viele Menschen, die so sind wie du. Danke dafür, dass du anderen dadurch hilfst auf ihrem Weg nicht allein zu sein. Herzliche Grüße Markus
Sonja (Donnerstag, 27 April 2023 23:01)
Hallo liebe Claudia, ein starkes und wundervolles Shooting. Das Thema was in deinem Leben so sehr präsent war und ist, um endlich in dem Körper zu leben der dich glücklich macht. Ich durfte dich persönlich kennen lernen, es war eine so positive Erfahrung dich zu erleben. Dein Weg ist der richtige und du hast deinen Job und privat super gemeistert. Trotz Höhen und Tiefen immer dein Ziel nicht aus den Augen verloren. Starke Frau und Vorbild für viele die Zweifel und Ängste haben diesen Weg zu gehen. Das Ziel ist der Weg. Steht zu dem was in euch steckt. Alles Gute weiterhin für dich und deine Frau. Ganz liebe Grüße Sonja
Uwe (Donnerstag, 27 April 2023 23:44)
Moin Claudi,
tolle Fotos und ein tolles Interview! Ich habe Claudia als Kameradin kennengelernt und habe 2 Freundinnen (Claudia und Andrea) gewonnen! Auch nach meiner Pensionierung besteht unsere Freundschaft und gerne treffen wir uns oder sind mit unseren Wohnmobilen unterwegs. Meine Frau und ich haben diese beiden wunderbaren Menschen echt lieb gewonnen! Ganz liebe Grüße Gisela & Uwe
Nicole (Freitag, 28 April 2023 10:30)
Liebe Claudi, in Dir habe ich nicht nur eine Kameradin gefunden, sondern auch eine Freundin. Gerade unsere Geschichte zeigt wie wichtig Offenheit und Ehrlichkeit sind. Ohne diese Attribute wären wir jetzt evtl Feinde und nicht Freundinnen fürs Leben. Danke auch dass Du immer so mutig bist zu Deinen Werten und Ansichten zu stehen. Nur wenige Menschen haben die Kraft sich verletzlich zu machen indem sie sie offen über ihre Gefühle sprechen. Das nach all den Verletzungen die Du ganz allein nach meinem persönlichen Kenntnisstand hast erleiden müssen. Ich bin so stolz auf Dich �
Daniela Skrzypczak (Freitag, 28 April 2023 13:59)
Ich sage so so danke, für diese Kommentare von den Menschen die Claudia kennen und begleiten ... wie wunderschön. Claudia Du bist ein wunderbarer Menschen.
Danke sagt Daniela Skrzypczak
Don Chefe (Freitag, 28 April 2023 21:20)
Tolle Story mit nem tollen Menschen, den ich sowohl in Version 1.0 als auch in der "neuen Varianre" als Freund kenne.
Sehr gut ... aber wahrscheinlich lesen die, die bisher immer blind waren, diese Zeilen eben gerade nicht!
Täte manchen ganz gut, wenn sie mal ein bisschen ihren Horizont erweitern.
Aber vielleicht erhöhen solche ehrlichen und motivierten Artikel mal ein bisschen die Akzeptanz.
Lasst die Menschen das sein, was sie sind.
Bevormundet und gemobbt werden wir auch so schon genug.
Silke (Sonntag, 21 Mai 2023 11:36)
Ein ganz tolles, ehrliches, starkes Interview! Ich kenne Claudias Ehefrau seit 30 Jahren und zolle auch ihr großen Respekt. Die Beiden tun einander soooo gut. Meine Hochachtung!
Daniela Skrzypczak (Sonntag, 21 Mai 2023 12:08)
Ich danke Ihnen so für Ihre Kommentare ... es ist schön das ich Menschen mit meiner Fotografie so sichtbar machen kann. Danke sagt Daniela
Dirk (Donnerstag, 31 August 2023 16:29)
Toller Beitrag. Liebe Claudia, es freut mich, Dich so glücklich und zufrieden zu sehen. Die authentischen Fotos sprechen für sich (Chapeau). Du hat nicht nur beruflich etwas großartiges geleistet, sondern auch privat und für Dich persönlich schier unerreichbare Ziele erreicht.
Ich wünsche Dir weiterhin alles erdenklich Gute - bewahre Deine Liebenswürdigkeit.
Konstantin (Mittwoch, 17 Juli 2024 15:13)
Liebe Claudia, die Fotos sind nicht nur unfassbar stark und berührend , sondern erinnern mich an den Moment - an dem du mein Leben verändert hast.
Dank dir, kam ich aus meiner dunklen Höhle heraus, und konnte all den Weg gehen. Du bist nicht nur unfassbar kameradschaftlich, tapfer und hilfsbereit - du hast einfach ein tolles großes Herz! Ich danke dir, dass du aufgrund deiner unaufhörlichen Arbeit innerhalb der Aufklärung und Beratung, dich nie aus dem Konzept bringen lässt.
Ich wünsche dir für Herzen nur schöne Momente, dienstlich wie privat. Unsere Freundschaft wird immer bestehen. Gruß dein Konsti