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Hülya Süzen

Darf man als starke Frau verletzlich sein?

Darf man als weltoffene Frau auch mal verschlossen sein?

Darf man als Soldatin auch Emotionen und Gefühle zeigen?

 

Diese Fragen gehen mir nach unserem Shooting und der Wiederholung unseres Interviews durch den Kopf. Ihr werdet feststellen, dass ihr heute darauf Antworten bekommt. Antworten durch ein besonderes Shooting an einem besonderen Ort. Auch wenn es unglaublich klingt, aber nach der Alten Nationalgalerie bin ich nun im Pergamonmuseum. Und ich kann nicht oft genug Danke an die Staatlichen Museen zu Berlin sagen, dass sie mir kostenfrei die Museen als Foto Location zur Verfügung stellen. Und da das erste Interview nicht geklappt hat, treffe ich meine Shootingpartnerin ein zweites Mal und wir sprechen miteinander.

Hülya Süzen beim Fotoshooting "Gesichter des Lebens"

„Hey, ich bin Hülya Süzen, jetzt 40 Jahre,“ sie lacht kurz auf, weil sie erst die letzten Tage Geburtstag hat, „Leutnant und Presseoffizier im PIZ (Presse- und Informatonszentrum) Luftwaffe und seit 2004 bei der Bundeswehr!“ stellt sich Hülya selber vor. „Ich wollte tatsächlich Ritter werden,“ teilt sie mir auf meine Frage, warum sie zur Bundeswehr gegangen ist mit. Ich muss im Nachhinein immer noch über diesen Satz schmunzeln. Ihr sicher auch!

Hülya Süzen beim Fotoshooting "Gesichter des Lebens"
Hülya Süzen beim Fotoshooting "Gesichter des Lebens" im Pergamonmuseum

Meine ❤️Bilder von Hülya ... man achte auf den Herrn

Robert Gilnhammer beim Fotoshooting "Gesichter des Lebens"

 

Irgendwie erinnert mich das an den Film Pretty Woman. Hülya als Ritter, der die Prinzessin rettet. „Ich möchte der sein, der rettet und schützt“.

So ging es durch ihren Kopf als 5-jährige. Im Kindergarten sagte ihr ein Junge, dass es aber keine Ritter mehr gibt, heute hießen sie Soldaten. Ihr Entschluss stand fest.

 

„Okay, dann werde ich Soldat und wenn Mädchen das nicht dürfen, bin ich halt die erste.“ Auch wenn sie nicht die erste Soldatin dann war, war sie 2004 doch noch eine Ausnahme und eine der wenigen weiblichen Soldaten bei der Bundeswehr.

Ihr Wunsch Fluggerätemechaniker zu werden, erfüllte sich zuerst nicht. Sie kam in die Sanität, „vielleicht weil mein Vater Arzt ist!“

 

Ganze 11 Jahre hat sie dann gebraucht um ihren Wunsch, in der Luftwaffe zu sein, näher zu kommen. „Das habe ich denen schon übelgenommen,“ sagt sie.

Es war ein etwas holpriger Weg, aber jetzt ist sie als Luftwaffenoffizier zufrieden und ihr gefällt die Ausbildung zum Presseoffizier.

Hülya Süzen beim Fotoshooting "Gesichter des Lebens" im Pergamonmuseum
Hülya Süzen beim Fotoshooting "Gesichter des Lebens" im Pergamonmuseum

Und wie ihr euch denken könnt, hat Hülya, wie sagt ihr in der Bundeswehr, Einsatzerfahrung. 2011, Kosovo, Mitrovica, im 29 Einsatzkontingent hat sie ihren Dienst versehen. „Bei den Unruhen 2011 war ich vor Ort,“ erzählt sie mit leise werdender Stimme. Ihre Gesichtszüge verändern sich dabei unmerklich. „War turbulenter als man denkt,“ fügt sie hinzu. Sie erzählt mir, dass es sie als Mensch verändert hat. Wie sagte sie kurz und knapp. „Definitiv!“

Hülya beim Fotoshooting "Gesichter des Lebens"
Hülya Süzen beim Fotoshooting "Gesichter des Lebens"

Bei einem nächsten Einsatz würde sie sich verabschieden. Damals 2011 ist sie ohne Abschied von ihrer Mutter in den Kosovo geflogen. Ich merke, dass es sie belastet, auch wenn sie scherzhaft und lachend sagt: „Wenn ich hier sterbe, bringt mich meine Mutter um!“ Es ist nicht wirklich zu beschreiben, was in Hülya bei diesen Worten vor sich geht, aber im Interview ist es deutlich herauszuhören und zu verstehen.

Hülya Süzen beim Fotoshooting "Gesichter des Lebens" im Pergamonmuseum

Jetzt ist sie in sich gegangen, redet fast zu sich selbst und ich spüre, wie sie die damalige Situation vor ihren Augen hat.

„Ich gehe nicht mehr bis zum äußeren, das ist es nicht wert!“ Diese und andere Sätze beschreiben ihre Gefühlslage.

Hülya Süzen beim Fotoshooting "Gesichter des Lebens" im Pergamonmuseum
Hülya Süzen beim Fotoshooting "Gesichter des Lebens" im Pergamonmuseum
Hülya Süzen beim Fotoshooting "Gesichter des Lebens" im Pergamonmuseum

Aber auch die Frage nach ihrem Beruf lässt sie nicht los. „Unter Beschuss fragst du dich, ob du nicht besser einen Job gewählt hättest, bei dem angebrannte Brötchen dein größtes Problem sind,“ sinniert sie weiter. Dabei ist es für Hülya schlimmer auf Menschen zu schießen, als selbst beschossen zu werden. Und weil sie das sehr beschäftigt hat, sagt sie:

“Jeder Soldat ist wie mein Kind und meine Familie.“

Was bewegen mich die Erzählungen von ihr, ich spüre die Gänsehaut auf meinen Armen.

Hülya Süzen beim Fotoshooting "Gesichter des Lebens" im Pergamonmuseum
Hülya Süzen beim Fotoshooting "Gesichter des Lebens" im Pergamonmuseum

Im Pergamonmuseum kam es auch zu einer Begegnung mit einer Italienerin, die neugierig Hülya ausgefragt hat. Ihre Augen leuchteten dabei und sie erzählte der Italienerin stolz, was sie tut, welche Uniform sie trägt und was sie gerade hier macht. Dieses „Guttun“ für Hülya war toll zu sehen und sie bestätigt, dieses stolze Gefühl bei diesem Gespräch, denn das sie stolze Soldatin ist, merkt man sofort

Hülya Süzen beim Fotoshooting "Gesichter des Lebens" im Pergamonmuseum
Hülya Süzen beim Fotoshooting "Gesichter des Lebens" im Pergamonmuseum

Wir rutschen zurück in den Einsatz. Kinder, die als Schutzschilde dienen und sie steht bewaffnet auf der anderen Seite und zielt. Auch wenn sie nicht schießen musste, sitzt diese Szene doch sehr tief. „Zu allem bereit zu sein, ist hart.“

Hülya Süzen beim Fotoshooting "Gesichter des Lebens" im Pergamonmuseum
Hülya Süzen beim Fotoshooting "Gesichter des Lebens" im Pergamonmuseum
Hülya Süzen beim Fotoshooting "Gesichter des Lebens" im Pergamonmuseum
Hülya Süzen beim Fotoshooting "Gesichter des Lebens" im Pergamonmuseum
Fotografiert Nikon Z7II und Nikkor Z 50mm F/1: 1,2 S, Hülya Süzen beim Fotoshooting "Gesichter des Lebens" im Pergamonmuseum

Bei ihrer Entscheidung zur Bundeswehr zu gehen, war die Meinung der Familie, vor allem, die des Vaters wichtig. „Wenn du dahingehst, dann mach es gut!“ Denn dass sie mit jeder Faser ihres Körpers zur Bundeswehr wollte, ist ihm ja nicht verborgen geblieben.

Schon mit 14 wollte sie dort ein Praktikum machen und ihr Zimmer war von Bundeswehrpostern übersät. Und letztendlich wollte ihr Vater ihrer freien Entfaltung nicht im Wege stehen.

 

Ihre Großfamilie tat sich bei dem Gedanken, dass ein Mädchen Soldat werden wollte, schon schwerer. Ihr Vater sagte auf Kurdisch dazu „şêr şêre, çi jine çi mêre“ übersetzt „Ein Löwe ist ein Löwe, egal ob Mann oder Frau“. Damit war alles geklärt, denn was soll man da noch dagegensetzen.

 

Ihr Großvater war da schon ein härterer Knochen, erst als sie bewiesen hat, dass sie es durchsteht, wollte er sie in Uniform sehen. So kam es, dass Hülya nach ihrer Grundausbildung zu ihm gefahren ist und vor ihm grüßend Meldung gemacht hat. Ihr Großvater hat 12 Kinder und über 100 Enkel und Urenkel. Ich schließe kurz die Augen und stelle mir ein Familienfest vor. In seinem Büro hingen aber nur zwei Bilder, ihr Vater im Arztkittel und sie selbst in Uniform.

Ich sehe und höre ihren unbändigen Stolz.

Fotografiert Nikon Z7II und Nikkor Z 50mm F/1: 1,2 S, Hülya Süzen beim Fotoshooting "Gesichter des Lebens" im Pergamonmuseum
Fotografiert Nikon Z7II und Nikkor Z 50mm F/1: 1,2 S, Hülya Süzen beim Fotoshooting "Gesichter des Lebens" im Pergamonmuseum
Fotografiert Nikon Z7II und Nikkor Z 50mm F/1: 1,2 S, Hülya Süzen beim Fotoshooting "Gesichter des Lebens" im Pergamonmuseum

Ihr Wunsch zum Abschluss des Gespräches, geht in die Richtung von Veteranen. Sie möchte eine Veteranenkultur in Deutschland und in der Bundeswehr mit Veteranentag und Anerkennung/Wahrnehmung in der Gesellschaft. „Wir gehören in die Mitte der Gesellschaft und nicht an den Rand. Auch Altgediente dürfen nicht vergessen werden!“

Fotografiert Nikon Z7II und Nikkor Z 50mm F/1: 1,2 S, Hülya Süzen beim Fotoshooting "Gesichter des Lebens" im Pergamonmuseum

 Um viel mehr von Hülya zu erfahren,

hört dazu gerne auch das Interview zum Shooting hier auf der Website.

Unser Gespräch während des Shootings habe ich aufgenommen und ich veröffentliche es hier. Zuhören ist ein wichtiger Teil meines Fotoprojektes „Gesichter des Lebens“. Ich schenke den Menschen Zeit und meine volle Aufmerksamkeit . 

Danke liebe Hülya für das Shooting, die offenen Worte und das Vertrauen und auch du bleibst farbig.

Herzlich Willkommen bei "Gesichter des Lebens". 

Fotografiert Nikon Z7II und Nikkor Z 50mm F/1: 1,2 S, Hülya Süzen beim Fotoshooting "Gesichter des Lebens" im Pergamonmuseum

Alles Liebe und Gute weiterhin für Dich und deine Familie ❤️! Ich, Daniela freue mich auf so viele wunderbare Menschen hier bei unseren "Gesichter des Lebens". 


Es schliesst sich für mich ein weiterer Kreis als Mensch und als Fotografin. Beim Fotografieren braucht es Empathie um Menschen zu berühren, zu verbinden, sichtbar zu machen. Mit meinem fotografischen Blick auf die Menschen, Soldaten, Veteranen und ihren Wegbegleitern gehe ich einen weiteren Schritt. Zu wissen das unser Projekt "Gesichter des Lebens" dabei wächst, macht mich stolz, da ich die Menschen liebe und gerne fotografiere.

 

Soldat und Veteran sein heisst auch: Mensch sein. Sehen-Spüren-Fühlen. "Gesichter des Lebens" versucht dies sichtbar zu machen. Auch hier in unserem neuen BILDBAND

 

Ich möchte Danke sagen, an meine Herzensmenschen die mich unterstützen und tragen und mir immer wieder Tipps geben zu meinem Fotoprojekt. Danke an meinem geliebten Lebenspartner und an meinem Sohn. Danke an meine liebste Freundin Edda, die mich immer stärkt und mich unterstützt. Ein dickes Danke an Jürgen der sich verantwortlich zeichnet für den Text. Es ist schön, wenn Ihr hier mit dabei seit. Danke ❤️. 

 

Fotografiert wird mit Nikon Z7II und dem Nikkor Z 50mm F/1,2S und Nikon Z6II und dem Nikkor Z 85mm f/1.8S.

„Genderhinweis: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf eine geschlechtsneutrale Differenzierung verzichtet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für beide Geschlechter. Die verkürzte Sprachform beinhaltet keine Wertung.“

Hinterlasst mir hier gerne einen Kommentar, ich freue mich darauf. Danke!

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Kommentare: 1
  • #1

    Meik (Montag, 27 März 2023 11:38)

    Wow was für ein Shooting und Interview, ich bin absolut begeistert. Die Fotos sind der Hammer ... die richtige Entscheidung diese farbig zu lassen. Ich habe lange nicht solche Fotos gesehen, nun höre ich der Kameradin gerne noch zu im Interview.
    Danke Daniela für das was ihr tut.
    Herzliche Grüsse sendet Ihnen Meik