Wenn man älter wird und in strammen Schritten bereits auf die 80ig oder 90ig Jahren zu geht, verändert sich einiges im Leben. Körperliche Gebrechen machen sich breit, die Kraft langt manchmal nicht mehr so wie früher und wie ein junger Hüpfer springt man längst nicht mehr durch das Leben. Manchmal nimmt neben der physischen auch die mentale Fitness ein wenig ab.
Aber eins wird nie weniger, die Freude daran, wenn wir uns Menschen gemeinsam Zeit und Aufmerksamkeit schenken. Und dies ist ja auch der Dreh - und Angelpunkt meines Fotoprojektes "Gesichter des Lebens" .
Ich war eine Woche zum Fotografieren in der Einrichtung St. Franziskus in Würselen. Schon als ich mein mobiles Fotostudio im Begegnungsraum aufbaute, spürte ich dieses vibrieren. Es ging durch die Räume, völlig Unerwartetes geschah während meiner Zeit in dieser bunten Wohngemeinschaft. Aber schaut und lest selber.
Denn hier in der Würseler Einrichtung leben Menschen zwischen 40 und 98 Jahren. Ich reiste also 610 km von meinem Zuhause im hohen Norden am Meer hierher um den Menschen Zeit, Aufmerksamkeit und Gehör zu schenken und gleichzeitig ihre unterschiedlichen Persönlichkeiten mit meiner Fotografie festzuhalten. Ich hatte noch keinen direkten Plan, nur das ich wusste, dass dieses dufte Team der St. Franziskus Einrichtung alles für das Gelingen meines Fotoprojektes getan hat. Es war ein wunderbares Gefühl so gut aufgenommen zu werden.
Schaut Euch die ersten wunderbaren Fotomomente bitte an. Und Ihr könnt Euch sicher sein, dass weitere Fotos mit Geschichten in nächster Zeit folgen werden um Euch von meinen Gesichtern des Lebens zu erzählen.
Gesichter des Lebens - wen fotografierte ich?
Für die meisten Menschen in der Senioreneinrichtung war es ein "ganz besonderer Termin" oder sogar das erste Fotoshooting in ihrem Leben und genau so fühlte es sich auch an. Sie waren aufgeregt, erwartungsvoll aber auch ruhig und in sich gekehrt. Ich baute mein Mikrophon auf, da ich die Gespräche gerne aufnehmen wollte und lies ihnen den Raum und die Zeit um mir aus Ihrem Leben zu erzählen. Es waren Momente aus Kinderzeiten, von Ihren Liebsten, aber auch Ihre Ängste und Wünsche teilten Sie mir ganz offen mit. Und genau diese Worte werden bleiben, ihre Stimmen zu Ihren Fotos. Ich bin darüber einfach nur dankbar. Ich spürte bereits beim zuhören, das ich mit meinem Fotoprojekt etwas ganz besonderes schaffe und so auch meine Fotografie umsetzen werde. Menschlichkeit und Wärme und das macht uns Menschen aus.
Frau Sill ist eine der jüngeren Mitbewohnerinnen der bunten besonderen "WG" in Würselen und das erste was Sie mir sagte "Daniela ich bin ganz schön aufgeregt und ich hatte vorher noch nie ein Fotoshooting" und in unserem Gespräch erzählte Sie mir von Ihrer MS Erkrankung und wie dankbar Sie ist, hier in diesem Zuhause zu sein. Es ist das Gefühl zu Wissen, das Sie hier nicht alleine ist, wenn die Krankheit weiter fortschreitet. Und dies gibt Ihr sehr viel Kraft.
Beim Shooting haben wir sehr viel gemeinsam gelacht und ich spürte diese Dankbarkeit beim fotografieren.
Die Herren holten nach vielen Jahren mal wieder ihren Anzug aus dem Schrank oder kamen mit Ihrem besten Freund zum Shooting. Bei den Frauen wurde der Lippenstift, das Rouge, die schönste Bluse mit der passenden Kette aus dem Schrank geholt. Die Haare wurden extra frisch hübsch gestylt. Die Woche im St. Franziskus Haus war für mich eine ganz besondere Zeit.
Die Menschen standen im Mittelpunkt. Es ging um Sie, nur Ihre Stimmen und das klicken der Kamera waren zu hören und ich bin ganz ehrlich, bei einigen Menschen, die ich fotografieren konnte, liefen auch ein paar Tränen. Tränen der Freude und zu wissen, das ich mit meiner fotografischen Arbeit den Menschen diese Aufmerksamkeit und Zeit schenken durfte.
Und hier kam mein 88jähriges Model Frau Lammertz als Aachener Stadtorginal zum Shooting. Der berühmte "Lennet Kann", der zu den Symbolfiguren des Aachener Karnevals zählt. Dabei durften natürlich auch die Orden nicht fehlen. Frau Lammertz erzählte mir wie sie die Bekleidung mit zwei Freundinnen kaufte und welche Freude es ihnen gemacht hat.
Menschen im höheren Alter haben ein Würde und sie lachen so gern. In meinem Shooting wollte ich die Gefühle und Persönlichkeiten meiner reifen Models einfangen. Dabei fiel mir auf dass auch in solchen bunten WG`s die meisten Menschen immer noch gut aussehen und schön sein möchten. "Mich berührt das, wenn ich sehe, dass Frauen mit 90 Jahren schöne Fingernägel haben, eine hübsche Kette tragen, sich vielleicht noch im Gesicht ein bisschen schön machen. Und diese Momente jetzt auch noch einmal festzuhalten, macht mich schon etwas stolz.
Jedes Portrait ein geschichte - ein ganzes buch - Menschen
Besondere Momente entstanden als zum Beispiel Frau Schwarz ein Foto Ihrer Urenkel mitbrachte und mit Stolz erzählte "ich bin ja 98 Jahre alt und wenn ich meinem Sohn erzähle das ich ein Shooting hatte, wird er mit seinen 81 Jahren ganz stolz auf mich sein". Ich werde ganz stille und höre nochmals zu ... die Mama ist 98 Jahre und der Sohn 81 Jahre. Wieviel Glück muss man haben um solche besonderen Menschen kennen zulernen.
Diese zwei Damen trafen sich das erste Mal zum Shooting, obwohl Sie Beide in diesem Haus wohnen - nur durch zwei Etagen getrennt. Frau Weber und Frau Krams habe ich beim Shooting bekannt gemacht, in der Hoffnung, das Beide nun mehr Zeit miteinander verbringen werden. Was soll ich Euch sagen. Nur einen Tag später sah ich Sie gemeinsam im Aufenthaltsraum beim Kaffee trinken :-).
Ich war bereits schon einen Tag länger vor Ort, da sich immer mehr Bewohner der St. Franziskus Einrichtung entschieden am Fotoshooting teilzunehmen. Und so entstanden auch diese Fotos ... Freundinnenshooting.
Meine Modells sind junge 92, 88 und 91 Jahre alt und sind ganz dicke Freundinnen, die mich baten ob wir ein Shooting zu Dritt machen könnten. Na selbstverständlich, da in Würselen ja Sommer war bot sich der Park der Einrichtung wunderbar an. Die bunteste Sommerbekleidung wurde aus dem Schrank geholt, die Haare hübsch gemacht und wir trafen uns dann sogar mit Musik im Park zum Shooting. Und ich kann Euch nur sagen, die Damen mussten sich dann vom vielen Lachen erst einmal ein bisschen auf der Parkbank erholen, ehe Sie in Ihre eigenen Wohnungen (das gibt es nämlich auch im St. Franziskus Haus) zurücklaufen konnten.
Es schliesst sich für mich ein weiterer Kreis als Mensch und als Fotografin. Beim Fotografieren braucht es Empathie um Menschen zu berühren, zu verbinden, zu bewegen. Mit meinem fotografischen Blick die Menschen zu sehen.
Und zu wissen das nun mein neues Projekt wächst, macht mich schon ein bisschen stolz, da ich die Menschen liebe und gerne fotografiere. Fotografiert wird mit Nikon Z6 und dem Nikkor Z 85mm f/1.8 S und Nikon Z7 und dem Nikkor Z 50mm F/1,2S.
Ich danke dem St. Franziskus Haus sehr für Ihr Vertrauen und das Sie mit mir gemeinsam mein Fotoprojekt gestartet haben. Wenn Ihr als Senioreneinrichtung auch Interesse daran habt, gerne einfach eine Email schreiben.
Lasst uns weiterhin die Gelegenheit nutzen, ein Stückchen "besser" zu werden, Prioritäten anders zu setzen, unseren Mitmenschen mit Rücksicht und Liebe zu begegnen und bestenfalls die eigenen Bedürfnisse ein klein wenig zurückzustecken ❤️. Es ist schön, wenn Ihr hier mit dabei seit. Danke.
Hinterlasst mir hier gerne einen Kommentar, ich freue mich darauf. Danke!
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Wolfgang (Donnerstag, 24 Juni 2021 19:33)
Wow Daniela was für lebendige Fotos ... ich bin begeistert.
Die Aufnahmen sind Leben pur, ich frage mich immer wieder wo Du deine Energie und Ideen her nimmst. Ganz grosser Beifall.
Herzlichst Wolfgang aus München.
Heidemarie (Donnerstag, 24 Juni 2021 21:27)
Sehr geehrte Frau Skrzypczak,
was für eine wunderbares Fotoprojekt was Sie da in die Welt tragen.
Die Fotos sind so voller Leben, Freude und Menschlichkeit das ich beim betrachten weinen musste.
Danke das Sie dies tun.
Bleiben Sie gesund und ich freue mich auf mehr Fotos.
Sie sind eine besondere Fotografin, danke.
Viele Grüsse sendet Ihnen Heidemarie Müller
Manfred (Freitag, 25 Juni 2021 08:56)
Hallo Daniela,
ich ziehe den Hut vor diesem Fotoprojekt und den Fotos.
Was für einmalige intensive Momente und den Mut zu haben mit 50mm Portraits zu fotografieren, ganz grosses Kino.
Es toll zu wissen das es Fotografinnen wie dich gibt, die Menschlichkeit und Fotografie zu etwas ganzem werden lassen.
Sonnige Grüsse aus München
Manfred
Daniela (Freitag, 25 Juni 2021 10:32)
Liebe Heidemarie, lieber Wolfgang und lieber Manfred,
ich sage einfach nur danke und es ist schön zu wissen das mein Fotoprojekt wahrgenommen wird.
Sonnige Grüsse sendet Daniela
Rosi (Freitag, 25 Juni 2021 16:05)
Hallo Daniela,
persönlich kennen wir uns nicht - leider, aber ich verfolge deine fotografische Arbeit schon viele Jahre. Aber dieses Fotoprojekt ist wie dein Bildschön Projekt etwas ganz besonderes - es sollte mehr solche Menschen geben wie dich. Die Fotos sind so berührend und der Text dazu - das ich weinen musste. Danke und weiterhin viel Erfolg und für uns "Zuschauer" solche Fotos und Geschichten.
Dicke Umarmung sendet Dir Rosi aus Hamburg