· 

Zwei Kameraden

Mein heutiges Fotoshooting für mein FotoProjekt "Gesichter des Lebens" findet in Warendorf im Trainingslager der deutschen Teilnehmer für die Invictus Games 2020/ 2022 statt. Das sind Sportveranstaltungen für kriegsversehrte Soldaten. Die Spiele werden ab dem 16. April in Den Haag stattfinden. Dort kommen Veteranen aus aller Welt im sportlichen Geiste zusammen. 

Möglich war das Shooting nur mit meinem Partner der Soldaten- und Veteranen Stiftung, danke an Herrn Görlich für seinen persönlichen Einsatz zu diesem Shooting. Es ist toll so einen Partner für "Gesichter des Lebens" an meiner Seite zu wissen. 

 

Mich erwarten Oberfeldarzt Thomas Olesch Rawers (Bogenschießen) und Hauptfeldwebel Andreas Rückewoldt (Bogenschießen und Radfahren). Ich treffe auf zwei gestandene Männer. Sie trainieren gemeinsam hier mit der Mannschaft und möchten gemeinsam das Interview führen. Die beiden Kameraden - Freunde wirken auf den ersten Blick als bringe sie nichts schnell aus der Fassung. Fokussierter Blick. Alles unter Kontrolle.

Invictus Games
Andreas - deutschen Mannschaft Invictus Games 2022
Invictus Games
Thomas - deutschen Mannschaft Invictus Games 2022

Wie seid ihr Teil der Mannschaft geworden?

 

„ Mein Truppenarzt sprach mir die Empfehlung aus mich hier an der Sportschule Warendorf zu melden, sozusagen als Ergänzung zur Therapie meiner PTBS - Erkrankung”, beginnt Andreas. Thomas berichtet, dass er das Bogenschießen bereits als privates Hobby betreibt und den Hinweis auf die Wettkämpfe ebenfalls im Rahmen seiner Therapie erhielt.

Die Überwindung der traumatischen Erfahrung mittels des Sports in ganzheitlicher Rehabilitation ist das erklärte Ziel. An Körper und Seele verletzte, verwundete oder versehrte Soldat:innen aus der ganzen Welt sowie ihre Angehörigen und Freunde kommen zusammen und bilden die „Invictus Games Community“. 

Radsport, Leichtathletik, Bogenschießen, Schwimmen, Liegend-Radfahren ….. Das internationale Event ist weit mehr als ein sportlicher Wettkampf.

 

Bei Thomas und Andreas sieht man die Begeisterung und Leidenschaft in den Augen, wenn sie von der Mannschaft und den bevorstehenden Spielen in Den Haag erzählen.

Freude beim gemeinsamen Tischtennis spielen
Freude beim gemeinsamen Tischtennis spielen
Invictus Games 2022

Andreas: „Ich habe im Jahr 2017 zwei Kameraden, Teilnehmer der damaligen Invictus Games Kanada am Flughafen zu ihren Flügen nach Toronto verabschiedet. Das hat mich interessiert. Auf der Rückfahrt rief ich meine Lebenspartnerin an und bat sie mir bitte zwei Flugtickets nach Kanada zu buchen. Zwei Tage später saß ich mit meinem Sohn im Flieger und abends begrüßte ich die Kameraden im Hotel.”

Andreas lächelt bei der Erinnerung daran. Ich erahne, warum der Schriftzug „Invictus Games“ als Tattoo seinen Arm ziert.

 

„Ich wollte das Ganze erstmal von außen betrachten. Wie es abläuft, was da auf mich zukommen kann? Die Verbundenheit der Mannschaft überzeugte mich; da wollte ich mitmachen. Der Sport gibt mir auch wieder Strukturen, eine linke und rechte Grenze. Ich sehe, es geht weiter.

Alle Teilnehmer der Invictus Games haben seelisch oder körperlich Verletzungen von ihren Einsätzen. Wir hatten beruflich als Soldaten alle den gleichen Auftrag, ungeachtet der Nationalität. Nun spielen wir gemeinsam z.B. Sitzvolleyball als deutsche, irakische oder afghanische Soldaten. Das ist dieser Invictus Geist!

Hierfür gibt jeder Einzelne in der Mannschaft alles und verausgabt sich bis zur völligen Erschöpfung. Ein ganz intensiver Teamgeist!".

Thomas erzählt: „Ich war überwältigt zu erfahren, dass ich als Teilnehmer mit nach Den Haag fahren darf. Mich hat die Sporttherapie aus dem Graben der Antriebslosigkeit und negativen Gedanken geholt. Ich habe wieder ein Selbstwertgefühl aufgebaut. Ich bin aus diesem Graben herausgekrabbelt und habe meine PTBS Erkrankung angenommen. Mein Umfeld ahnte lange nichts von meiner Erkrankung. Ein Arzt bekommt doch keine PTBS, ist ja so die allgemeine Meinung. 

Wir Soldaten haben aber eine dienstliche und eine private Seite. Hier im Kreise der Mannschaft müssen wir keine Maske aufsetzen. Wir sind ja alle gleich. Dies macht uns stark.”

 

Unser Gespräch während des Shootings habe ich aufgenommen und ich veröffentliche es hier. Zuhören ist ein wichtiger Teil meines Fotoprojektes „Gesichter des Lebens“. Ich schenke den Menschen Zeit und meine volle Aufmerksamkeit . 

Andreas schaut Thomas an. Man fühlt wie verbunden diese beiden Männer sind. Er meint: “Daniela, mit deinen Fotos sehen wir das erste Mal, wie wir auf unser Umfeld und unsere Familien wirken, so ohne unsere Maske. Wir sind stolz darauf ein Teil von „Gesichter des Lebens“ zu sein.”

 

Nun muss auch ich tief durchatmen und spüre wieder meine Verantwortung als Fotografin. Das entgegengebrachte Vertrauen beglückt mich gleichzeitig. 

Andreas Rückewoldt - deutsche Mannschaft Invictus Games 2022

Was sind Eure Ziele für Den Haag?

 

„Für mich ist Invictus Games mittlerweile eine Lebenseinstellung. Ich möchte die Emotionen aufnehmen und alles genießen. Besonders die internationale Kameradschaft und Freundschaften, die entstehen. Meiner Familie hat mich die letzten Jahre so unterstützt. Jetzt kann ich vielleicht damit etwas zurückgeben”, erklärt Andreas.

Thomas sagt: „Schon das ich hier in Warendorf im Trainingslager bin und nun auch beim Projekt "Gesichter des Lebens" teilnehmen darf, ist für mich Ziel genug. Darauf bin ich stolz!”

 

Wir tauschen uns über die bevorstehende Zeit in Den Haag aus und darüber, dass beide Veteranen großen Respekt vor den intensiven Tagen haben. Man sei schließlich immer zusammen und die ganze aufregende Atmosphäre müsse erstmal aufgenommen werden.

 

Ich möchte gerne wissen, wie sich durch die sportliche Aktivität ihr Leben verändert hat. Sport als Therapie?

 

„Manchmal muss man Thomas ein bisschen antreiben wenn er energielos ist, der Herr Arzt. Das kann ich ganz gut, auch wegen meiner Tätigkeit als Lotse der Bundeswehr. Manchmal möchte Thomas dann aber auch über 150 Prozent geben, was er als Gynäkologe im Krankenhaus früher ja selbstverständlich getan hat.” erzählt Andreas.

 

Thomas sagt „Ich habe mich auf deinen Fotos endlich mal wieder lächeln gesehen. Sport macht Freude z.B. beim Tischtennisspielen. Danke für die Bilder. Natürlich kann Sport auch zur Sucht werden. Bei mir war es früher die Laufsucht. Ich lief Marathon und habe meinem Körper Schaden zugefügt. Also musste ich neu lernen auf meinen Körper zu achten und zu hören.” 

Thomas Olesch Rawers, Team der Invictus Games 2022
Konzentration beim Training Bogenschiessen

Was wünscht ihr euch hier und jetzt?

 

„Ich möchte meine Gefühlsebene wieder zurückhaben. Diese auch meiner Familie wieder geben zu können,” antwortet ein nachdenklicher ruhiger Andreas. Er schaut zu Thomas und es dauert ein bisschen eh Thomas antwortet „Ich möchte wieder der Starke der Familie sein, ein Vater der auf seine Kinder aufpassen kann.” 

 

Andreas und Thomas spüren die Besonderheit des Augenblicks und umarmen sich. Das ist der passende Zeitpunkt unser gemeinsames Gespräch zu beenden.

Herzensfoto dieser duften deutsche Mannschaft der Invictus Games 2022

Shooting Moment bei denen ich die Dankbarkeit zu meinem Beruf als Fotografin spüre, diese direkte Verbindung zum Leben. Liebe und Dankbarkeit. Wenn wir gemeinsam dies erleben dürfen als Menschen entstehen diese Fotos. 

Vom 16.-22. April 2022 ist die Mannschaft dann im Zuiderpark von Den Haag und Ihr könnt noch mitkommen. Hier bei FUAV e.V. könnt Ihr noch schauen ob Ihr mitfahren könnt und die tolle Mannschaft vor Ort mit anfeuer und erleben könnt. 

Es schliesst sich für mich ein weiterer Kreis als Mensch und als Fotografin. Beim Fotografieren braucht es Empathie um Menschen zu berühren, zu verbinden, sichtbar zu machen. Mit meinem fotografischen Blick auf die Menschen, Soldaten, Veteranen gehe ich einen weiteren Schritt. Zu wissen das mein / unser Projekt "Gesichter des Lebens" dabei wächst, macht mich stolz, da ich die Menschen liebe und gerne fotografiere. Diese Mannschaft zu fotografieren, dieses Vertrauen zu ihnen wachsen zu lassen und mit meinen Fotos ihnen ein Stückchen Menschlichkeit zu schenken, macht es besonders wertvoll

 

Veteran sein heisst auch: Mensch sein. Sehen-Spüren-Fühlen. "Gesichter des Lebens" versucht dies sichtbar zu machen.

 

Die nächsten Wochen werdet ihr die einzelnen Shootings + Interviews hier als einzelne Beiträge finden, am besten immer auf dem Laufenden bleiben. Auch hier bei Instagram. Danke ❤️.


Ich möchte Danke sagen, an meine Herzensmenschen die mich unterstützen und tragen und mir immer wieder Tipps geben zu meinem Fotoprojekt. Danke an meinem geliebten Lebenspartner und an meinem Sohn.

Ein dickes Danke nach Kenia an meine liebste Freundin Iris, die sich verantwortlich zeichnet für die Texte. Danke an meine liebste Freundin Edda, die mich immer stärkt und mich unterstützt. Danke an Simone und Heike, meine Fotografinnen Gang und wunderbare Freundinnen und Frauen. Danke ❤️. 

 

Fotografiert wird mit Nikon Z7II und dem Nikkor Z 50mm F/1,2S und Nikon Z6II und dem Nikkor Z 85mm f/1.8S.

„Genderhinweis: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf eine geschlechtsneutrale Differenzierung verzichtet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für beide Geschlechter. Die verkürzte Sprachform beinhaltet keine Wertung.“

Hinterlasst mir hier gerne einen Kommentar, ich freue mich darauf. Danke!

Kommentar schreiben

Kommentare: 4
  • #1

    Michael (Mittwoch, 16 März 2022 17:01)

    Vielen Dank für die wertvolle und mehr als empathische Arbeit. Die Fotos gehen tief. Es gibt seitens der Bundeswehr, Regierung und der Gesellschaft noch einen nicht unerheblichen Berg an Hausaufgaben zu erledigen. Danke Kameraden!

  • #2

    Bernd Fuschs (Mittwoch, 16 März 2022 18:00)

    Sehr geehrte Frau Skrzypczak,
    ich möchte mich bei Ihnen für Ihre Arbeit bedanken - die Fotos rühren an und lassen einen innehalten. Die Worte lassen einen still werden und das Gehörte lässt einen nachdenklich werden.
    Danke für Ihre wertvolle Arbeit und ich wünsche Andreas und Thomas viel Erfolg bei den Spielen in Den Haag und möchte Ihnen Danken das Sie den Mut hatten für die Fotos und in die Öffentlichkeit gehen. Ich habe lange nicht solche einfühlsame Fotografie gesehen.
    Danke sagt Ihnen Bernd Fuchs

  • #3

    Kristina (Mittwoch, 16 März 2022 21:47)

    Was für ein Portrait, was für Fotos, was für Texte und was für ein Interview. Nun weiss auch ich was die Invictus Games sind und das sie bald statt finden.
    Ich war auch in Afghanistan und es spricht mir so aus der Seele. Ich bin noch Soldatin und habe leider nicht (noch nicht) den Mut bei diesem tollen wichtigen Projekt mit zu machen. Danke Thomas und Andreas und Euch und der Mannschaft - allen Kameraden viel viel Erfolg bei den Wettkämpfen.. Daniela danke für diese aussergewöhnlichen tiefgründigen Fotos und das du das Projekt ins Leben gerufen hast.
    Bleibt gesund Kristina

  • #4

    Daniela Skrzypczak (Freitag, 18 März 2022 12:49)

    Liebe Kristina, lieber Bernd und lieber Michael,
    ich möchte für Ihre Kommentare und die Zeit das Sie hier bei "Gesichter des Lebens" bedanken und es macht auch ein bisschen stolz das meine Fotografie ein bisschen bewegen kann.
    Danke und bleiben Sie gesund, herzlichst
    Daniela Skrzypczak